Ist § 7a der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) zur Bezeichnung eines Rechtsanwalts als Mediator verfassungswidrig? Diese Auffassung vertritt Rechtsanwalt Professor Dr. Volker Römermann im Beck’schen Online-Kommentar BORA (7. Auflage, Stand 1. April 2015).

§ 7a BORA: Regelung zur Mediationsausbildung für Rechtsanwälte seit jeher umstritten

§ 7a BORA bestimmte von Januar 2003 bis April 2013, dass sich Rechtsanwälte nur dann als Mediatoren bezeichnen dürfen, wenn sie durch geeignete Ausbildung nachweisen können, dass sie die Grundsätze des Mediationsverfahrens beherrschen. Von den Rechtsanwaltskammern wurde dies überwiegend so ausgelegt, dass sich Anwälte nur dann als Mediatoren bezeichnen durften, wenn sie eine Mediationsausbildung im Umfang von mindestens 90 Stunden absolviert hatten. Schon diese Regelung galt vielen als verfassungswidrig, u.a. weil sie Anwälte gegenüber anderen Berufen benachteiligte (vgl. den Beitrag von Dr. Claus-Henrik Horn in der NJW 2007, 1413). Seit Mai 2013 formuliert nun der neue § 7a BORA:

„Der Rechtsanwalt, der sich als Mediator bezeichnet, hat die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Mediationsgesetz im Hinblick auf Aus- und Fortbildung, theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen zu erfüllen.“

Und § 5 Abs. 1 S. 1 MediationsG ergänzt:

„Der Mediator stellt in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicher, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können.“

Offenkundig wollte die Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer aus den Fehlern des alten § 7a BORA lernen und die darin angelegte Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten und Angehörigen anderer Berufe durch einen schlichten Verweis auf das Mediationsgesetz beseitigen. Das mag ihr auf den ersten Blick gelungen sein, bei näherem Hinsehen lässt sich allerdings auch im neuen § 7a BORA noch eine Ungleichbehandlung von Anwälten und Nichtanwälten erkennen.

Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz

Volker Römermann begründet die Verfassungswidrigkeit des § 7a BORA wie folgt: Zunächst verstoße die Vorschrift gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 20 GG, weil die Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung als Mediator nicht präzise definiert seien. Aus den Begriffen der „theoretischen Kenntnisse“ und „praktischen Erfahrungen“ könne man nicht herauslesen, welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssten, damit jemand sich als Mediator bezeichnen könne. Das sei im Kontext des § 5 Abs. 1 MediationsG noch vergleichsweise unproblematisch, weil ein Mediator seine Qualifikation danach in eigener Verantwortung sicherstellen muss. Durch den Verweis in § 7a BORA würden die diffusen Qualifikationspflichten des § 5 Abs. 1 MediationsG aber zu einer Berufspflicht für diejenigen Rechtsanwälte erhoben, die sich als Mediatoren bezeichnen. Zwar seien die Kontrollmöglichkeiten der zuständigen Rechtsanwaltskammer auf das allgemeine Auskunftsrecht nach § 56 Abs. 1 BRAO beschränkt, dennoch bleibe eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Nicht-Anwälten, die eine solche Kontrolle nicht gewärtigen müssen. Auch das rechtfertige es, § 7a BORA als verfassungswidrig anzusehen.

Die Kommentierung des § 7a BORA von Professor Römermann findet sich im Beck’schen Online-Kommentar BORA (7. Auflage, Stand 1. April 2015).

 

Im Juli 2014 haben die Vereinigten Staaten von Amerika einer Arbeitsgruppe der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) einen Vorschlag für ein New Yorker Übereinkommen zur Vollstreckung von internationalen Mediations- und Schlichtungsvergleichen in handelsrechtlichen Streitigkeiten unterbreitet.

Blaupause: New Yorker Übereinkommen im Schiedsrecht

Hintergrund des Vorschlags sind die positiven Erfahrungen mit dem 1959 in Kraft getretenen New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Diesem Abkommen sind inzwischen 154 Staaten beigetreten; damit sind Schiedssprüche heute fast weltweit anerkennungsfähig und vollstreckbar, ohne dass es dafür einer zusätzlichen gerichtlichen Entscheidung bedürfte. Um diese vereinfachte Durchsetzbarkeit auch für Vergleiche aus Mediations- oder Schiedsverfahren zu ermöglichen, soll es nun eine zweite New York Convention geben. Anfang Februar 2015 hat sich eine Arbeitsgruppe der UNCITRAL mit dem US-amerikanischen Vorschlag befasst. Dabei wurde eine Reihe von Bedenken artikuliert, die in ähnlicher Weise auch in einer aktuellen Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer (pdf) geäußert worden sind.

Anerkennung und Vollstreckung ohne juristische Kontrolle?

Der Kerneinwand gegen die Schaffung einer zweiten New York Convention betrifft die Einbindung juristischer Expertise beim Entstehen eines Titels. Während in einem Schiedsverfahren die Schiedsrichter Gewähr für eine rechtssichere und vollstreckbare Abfassung des Schiedsspruchs böten, sei dies bei Mediationen und Schlichtungen grundlegend anders. Es fehle bereits an einer international einheitlichen Definition der Mediation. Weiter agierten häufig mit guten Gründen auch Nichtjuristen als Mediatoren, die naturgemäß keine juristischen Kenntnisse zur Abfassung eines Vergleichs beisteuern könnten. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass beim Entstehen des deutschen Mediationsgesetzes die Idee eines vollstreckbaren Mediationsvergleiches (§ 796d ZPO-E) aus eben diesem Grunde wieder verworfen wurde. Andere Stimmen fragen noch grundlegender, ob es in der Praxis bei internationalen Mediationsverfahren überhaupt Probleme mit der Vollstreckung von Vergleichen gebe, da doch konsensuale Verfahrensergebnisse in der Regel einer Vollstreckung gerade nicht bedürfen.

Mindestanforderungen für ein New Yorker Übereinkommen II

Sollte es trotz dieser Bedenken zu einem New Yorker Übereinkommen für Mediations- und Schlichtungsvergleiche kommen, spricht sich die BRAK dafür aus, den Kreis der danach vollstreckungsfähigen Vergleiche nicht zu weit zu ziehen. Es sei sicherzustellen, dass im Mediations- oder Schlichtungsverfahren grundlegende Verfahrensprinzipien eingehalten wurden. Ferner sollte das Abkommen nur für Vergleichsverträge gelten, die eine Seite zu einer Geldzahlung verpflichten, und sollte darüber hinaus auf den b2b-Kontext beschränkt werden.

Die UNCITRAL wird sich bei einer Sitzung in Wien im Herbst 2015 erneut mit dem Konventionsvorschlag befassen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Vorschlag dann bereits endgültig verworfen wird. Sollten die Pläne hingegen weiter verfolgt werden, wäre mit einem neuen New Yorker Übereinkommen wohl erst im nächsten Jahrzehnt zu rechnen.