Eigentlich ist die Mediation ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren. Seit einiger Zeit gibt es in Deutschland aber auch die sog. gerichtsinterne Mediation. Seit dem Inkrafttreten des Mediationsgesetzes 2012 ist sie in § 278 Abs. 5 ZPO geregelt und wird nunmehr auch als Güterichterverfahren bezeichnet. Zehn häufig gestellte Fragen zu Ablauf und Verfahrenspraxis der gerichtsinternen Mediation.

1. Was ist eine gerichtsinterne Mediation?

Die gerichtsinterne Mediation – auch als Güterichterverfahren bezeichnet – ist eine besondere Form der Gerichtsverhandlung. Wenn ein Bürger oder ein Unternehmen jemand anderen verklagt, landen beide zunächst vor einem Streitrichter. Hat dieser den Eindruck, dass der Fall so kompliziert liegt, dass keiner der Parteien mit einem Urteil gedient wäre, kann er die Parteien vor einen Mediationsrichter bzw. Güterichter verweisen. Dieser bemüht sich dann in einer speziellen Güteverhandlung darum, eine einvernehmliche Streitbeilegung herbeizuführen. Gelingt dies, ist auch das klassische Streitverfahren beendet, andernfalls wird dieses nach dem Scheitern der gerichtsinternen Mediation fortgeführt.

2. Wie läuft eine gerichtsinterne Mediation in der Praxis ab?

Üblicherweise nehmen sich die Mediationsrichter einen halben oder maximal einen Tag Zeit für die Güteverhandlung. Das ist zwar deutlich weniger als die 2-3 Tage, die eine klassische Wirtschaftsmediation dauert, dennoch bemüht sich der Mediationsrichter darum, die Verhandlung möglichst mediationsähnlich durchzuführen. Das bedeutet: Zunächst erklärt er den Parteien das Verfahren, dann bespricht er mit ihnen die Konfliktthemen und die unterschiedlichen Sichtweisen. Anschließend erörtern die Parteien ihre Interessen und versuchen auf dieser Grundlage, einen Kompromiss zu finden.

3. Nehmen die Rechtsanwälte am Güterichterverfahren teil?

In der Regel sind die Rechtsanwälte in der Mediationsverhandlung dabei. Vor den Landgerichten müssen sie wegen § 78 Abs. 1 und 3 ZPO dabei sein. Allerdings gibt es einige Landgerichte, die davon abweichen und die Anwälte zumindest nicht von sich aus zur Mediation einladen. Auch in der Rechtswissenschaft gibt es vereinzelt Stimmen, welche die Anwesenheit von Rechtsanwälten nicht für erforderlich halten (z.B. Thole, ZZP 127 (2014), 339, 353 m.w.N.). Allerdings ist die Beteiligung von Anwälten am Güterichterverfahren in den meisten Fällen sehr sinnvoll. Teilweise besuchen Rechtsanwälte eigens eine Mediationsausbildung, um die zielführende Beratung und Begleitung ihrer Mandanten in der Mediation zu trainieren.

4. Können weitere Personen am Güterichterverfahren teilnehmen?

Der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 S. 1 GVG gilt in der gerichtsinternen Mediation nicht, denn der Güterichter ist kein erkennendes Gericht. Allerdings können mit Zustimmung aller Beteiligten durchaus Dritte – wie etwa Hospitanden, Sachverständige oder Familienangehörige – an der Mediation teilnehmen. Besteht eine Partei aus mehreren Personen, müssen diese nicht vollzählig erscheinen. Kommt es der Gegenseite aber darauf an, kann sie ihr Einverständnis mit der gerichtsinternen Mediation an die Bedingung knüpfen, dass die andere Partei vollzählig erscheint.

5. Ist das Ergebnis einer gerichtsinternen Mediation verbindlich und vollstreckbar?

Gelangen die Parteien eines Rechtsstreits am Ende des Güterichterverfahrens zu einem Kompromiss, kann der Mediationsrichter diesen als Vergleich aufnehmen. Dieser Vergleich ist dann verbindlich und vollstreckbar. Ob sich der Vergleich inhaltlich auf die komplette Streitigkeit oder nur eine Teilmaterie bezieht, ob er sofort bindend oder noch eine gewisse Zeit lang widerruflich ist, können die Parteien allerdings frei aushandeln.

6. Welche Kosten sind mit dem Güterichterverfahren verbunden?

Nach dem deutschen Gerichts- und Anwaltsgebührenrecht löst schon die Erhebung einer Klage Kosten aus. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung über eine gerichtsinterne Mediation getroffen wird, können die Parteien diesen Kosten ohnehin nicht mehr entgehen. Sofern mit den Anwälten nichts Anderes vereinbart wird, kommen zu diesen Kosten allerdings allein durch die Verschiebung des Rechtsstreits ins Güterichterverfahren keine weiteren Kosten hinzu. Das Güterichterverfahren ist insofern völlig kostenneutral. Der Staat subventioniert hier den Versuch zur einvernehmlichen Streitbeilegung; die Parteien können sich dies zunutze machen.

7. Bedeutet die Zustimmung zum Güterichterverfahren eine Verzögerung des Rechtsstreits?

Güterichterverfahren werden von Streitrichtern insbesondere bei langwierigen und verfahrenen Streitigkeiten vorgeschlagen. Umso größer ist regelmäßig die Sorge des Klägers, dass das Güterichterverfahren nur eine erneute Verzögerung des Rechtsstreits mit sich bringt. Um dies zu vermeiden, können die Parteien ihre Zustimmung zur gerichtsinternen Mediation an die Bedingung knüpfen, dass gleichzeitig bereits ein zeitnaher Verhandlungstermin beim Streitrichter reserviert wird, der für eine streitige Verhandlung genutzt wird, falls der Güteversuch scheitert.

8. Kann das Gericht die Beteiligten in das Güterichterverfahren zwingen?

Es sollte im Ermessen des Gerichts stehen, ob es die Parteien in die gerichtsinterne Mediation schickt. Obwohl das Gesetz von einer Verweisung spricht, wird es die Parteien bei korrekter Anwendung dieses Ermessens in der Regel nicht zum Mediationsrichter schicken können, wenn sich eine Partei dem ausdrücklich widersetzt. Das jedenfalls war die Intention des Gesetzgebers, als er § 278 Abs. 5 ZPO erlassen hat (BT-Drucks. 17/8058, S. 21, dem folgend Hacke in Eidenmüller/Wagner, Mediationsrecht, 2015, Kap. 3 Rn. 64). Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist allerdings nicht einheitlich. So ist etwa das ArbG Hannover in seiner Entscheidung vom 1. Februar 2013 (Az. 2 Ca 10/13 Ö, zu § 54 Abs. 6 ArbGG) zu der Auffassung gelangt, eine Zustimmung der Parteien zum Güterichterverfahren sei entbehrlich, weil die entsprechende Erwägung des Bundestags-Rechtsausschusses nun einmal nicht Eingang in den vom Gesetzgeber gewählten Wortlaut gefunden habe. Weiter weist Thole (ZZP 127 (2014), 339, 356) darauf hin, dass auch in einem erzwungenen Mediationsverfahren eine Einigung möglich sei. Differenzierend führt das OVG Lüneburg in einer Entscheidung vom 9. Januar 2015 (Az. 10 OB 109/14, NVwZ-RR 2015, 517) aus, dass ein Verweis gegen den Willen einer Partei allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommt (ähnlich OVG Bautzen v. 6. August 2014, Az. 1 A 257/10). Schließlich ist für die Parteien eines Rechtsstreits wichtig zu wissen, dass es ihnen im Streitverfahren und insbesondere hinsichtlich der Verfahrenskosten keine Nachteile bringt, wenn sie sich einer gerichtsinternen Mediation verweigern.

9. Kann man bereits in der Klageschrift eine Verweisung ins Güterichterverfahren beantragen?

Ja – und nicht wenige Juristen sind sogar der Auffassung, dass der Streitrichter den Konflikt dann in die gerichtsinterne Mediation verweisen muss, wenn die Beklagtenpartei zustimmt. Dieses Vorgehen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Parteien zur Durchführung einer Mediation fest entschlossen sind, sich aber nicht auf einen außergerichtlichen Mediator einigen konnten.

10. Kann man während eines Gerichtsverfahrens auch einen außergerichtlichen Mediator beauftragen?

Ja, das sieht § 278a ZPO (früher § 278 Abs. 5 S. 2, 3 ZPO) sogar ausdrücklich vor. Man spricht dann von einer gerichtsnahen Mediation. Während dieser Sonderform der außergerichtlichen Mediation ruht das gerichtliche Verfahren. In der Praxis gibt es bisher nur wenige Anwendungsfälle der gerichtsnahen Mediation, weil sich Streitrichter leichter damit tun, Richterkollegen als Mediatoren vorzuschlagen. Es ist aber durchaus möglich, als Partei während eines Gerichtsverfahrens eine gerichtsnahe Mediation vorzuschlagen und ggf. vom Streitrichter ausdrücklich einen Vorschlag für einen außergerichtlichen Mediator zu erbitten.

Allein in den USA wird alle drei Minuten ein Exemplar verkauft: Der Verhandlungsklassiker Getting to Yes – in Deutschland besser bekannt als das Harvard-Konzept – ist auch 34 Jahre nach seinem Erscheinen noch hochaktuell. Inzwischen wurde das Buch in über dreißig Sprachen übersetzt und viele Millionen mal gekauft und gelesen. Dabei war der überwältigende Erfolg des Werkes anfangs alles andere als absehbar: Sechs Monate nach dem Verkaufsstart mussten die Autoren noch Anzeigen schalten, um den Absatz anzukurbeln.

Getting to Yes entstand aus einem Diplomatenratgeber

Ein Beitrag im Negotiation Journal 2006 (Wheeler/Waters, Negot. J. 2006, 475-481) erzählt die Geschichte der Entstehung von Getting to Yes: In den 1970er Jahren war einer der Autoren, William Ury, im Rahmen seines Anthropologie-Studiums auf der Suche nach irgendeinem neuen wissenschaftlichen Thema – Hauptsache praxisrelevant. Er stolperte über eine Friedenskonferenz zum Nahen Osten, entwickelte einige Ideen zu zielführendem diplomatischem Konfliktmanagement und wandte sich damit an Roger Fisher, der damals bereits eine Professur an der Harvard Law School innehatte. Fisher hatte sich schon seit Längerem mit der Vermittlung in internationalen Konflikten beschäftigt und empfing den jungen Anthropologiestudenten mit offenen Armen. Bald stieß auch der dritte Autor, Bruce Patton, hinzu. Gemeinsam erstellten sie zunächst ein Loseblatt-Handbuch für Vermittler im diplomatischen Dienst. Die Kernidee: Effektive Konfliktlösung erfordert gemeinsames Handeln. Die Arbeit der drei Wissenschaftler verstetigte sich, und 1979 gründeten sie zusammen das Harvard Negotiation Project, aus dem wenig später das Program on Negotiation an der Harvard Law School hervorging. Bruce Patton war mit den explodierenden Projektaktivitäten gar so beschäftigt, dass er für sein Jurastudium am Ende sechs statt der üblichen drei Jahre benötigte.

Manuskript beharrlich laut vorgelesen

Bis zur Fertigstellung von Getting to Yes im Jahr war es allerdings noch ein langer Weg. Der endgültigen Publikation ging eine Reihe von Interviews mit Verhandlern und Mediatoren voraus, mit denen die Autoren ihre Thesen überprüften. Zudem legte Roger Fisher sehr großen Wert darauf, den Manuskripttext so lange laut vorzulesen, bis er sich auch im gesprochenen Wort gut anhörte. Schließlich kürzten die Autoren noch aus dem fertigen Manuskript 100 Seiten heraus, um ihre Erkenntnisse so präzise und kondensiert wie möglich zu fassen. Auch über den Buchtitel dachten sie lange nach. Ury hatte zunächst grammatikalische Skepsis, dann folgten die Autoren letztlich aber doch dem Vorschlag des Verlagsangestellten Richard McAdoo, das Buch Getting to Yes zu nennen.

Heute bildet Getting to Yes eine wichtige Grundlage für Verhandlungs- und Mediationsausbildungen auf der ganzen Welt. Mit ihrem Plädoyer für die Betonung von Interessen statt Positionen und für eine strenge Trennung von Person und Sache haben Fisher, Ury und Patton die spätere Literatur zu Verhandlungen und Konfliktlösung nachhaltig geprägt. Nur eine nicht-autorisierte japanische Übersetzung hat das Buch einmal gründlich missverstanden: Dort wurden die Ratschläge aus Getting to Yes ganz nonchalant ergänzt um den Hinweis, gute Verhandler sollten anfangs möglichst viel vom Gegenüber beanspruchen. Das war tatsächlich nicht im Sinne der Erfinder.