Der 17. Mediationskongress der Kölner Centrale für Mediation findet am 20. und 21. Mai 2016 in Frankfurt am Main statt. Die Konferenz nimmt in diesem Jahr insbesondere die Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte in den Blick.

Generalthema: Konfliktlösung in der Arbeitswelt

Der Mediationskongress steht unter dem Generalthema „Konfliktlösung in der Arbeitswelt“. In einer Reihe von Vorträgen und Kleingruppen-Workshops beschäftigen sich die Teilnehmer mit verschiedenen Themen rund um das Konfliktmanagement in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten. Unter anderem steht der Umgang mit Arbeitskonflikten vor dem Güterichter, die Konfliktklärung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung oder auch die Kurzzeit-Mediation in Betrieben auf der Tagesordnung. Der erste Konferenztag mündet in einen Vortrag der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin zum Thema „Konfliktlösungen mit Gewerkschaften“.

Mediationspreise 2016 werden beim Mediationskongress verliehen

Bei der Abendveranstaltung am ersten Tag des Mediationskongresses werden traditionell die Mediationspreise der Centrale für Mediation verliehen. Dazu zählt insbesondere der Sokrates-Preis für Mediation, mit dem eine Persönlichkeit ausgezeichnet wird, die sich um die Belange der Mediation besonders verdient gemacht hat. Mit dem ebenfalls ausgelobten Mediations-Wissenschafts-Preis zeichnet die Centrale für Mediation größere wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der alternativen Streitbeilegung aus; kleinere wissenschaftliche Abhandlungen werden mit einem Förderpreis prämiert.

Die Anmeldung zum Mediationskongress 2016 erfolgt online; weiterhin ist auch das vollständige Programm in den Formaten html und pdf abrufbar.

Der Güterichter-Blog von Professor Dr. Reinhard Greger macht auf die aktuellen Fallzahlen des Statistischen Bundesamts aufmerksam, das seit 2014 auch die gerichtsinterne Mediation (sog. Güterichterverfahren) gesondert ausweist.

Jedes zweite Güterichterverfahren führt zur Streiterledigung

Zur Regelung der außergerichtlichen Mediation ist 2012 das deutsche Mediationsgesetz in Kraft getreten. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber auch die gerichtsinterne Mediation in § 278 Abs. 5 ZPO verankert. Die amtlichen Zahlen weisen für das Jahr 2014 knapp 25.000 Güterichterverfahren an deutschen Gerichten aus. Während die Erfolgschancen der außergerichtlichen Mediation mit ungefähr 75-80% beziffert werden (siehe etwa Steffek, ZEuP 2013, 528, 531), liegen die Vergleichschancen im Güterichterverfahren deutlich darunter: In etwa der Hälfte dieser Verfahren lässt sich die Streitigkeit durch das Güterichterverfahren erledigen; in knapp 30% der Güterichterverfahren schließen die Parteien einen Vergleich. Diese Zahlen variieren zwischen den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten geringfügig, aber nicht in statistisch signifikantem Ausmaß. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Erledigungschancen beim Landgericht auf 35% zurückfallen, wenn sich die Parteien bereits in der Berufungsinstanz befinden. Ohnehin wird man in der Berufung seltener ins Güterichterverfahren verwiesen. Gewisse Unterschiede lassen sich ferner mit Blick auf die Streitmaterie ausmachen: Tendenziell besser sind die Streiterledigungschancen bei einem Güteverfahren im Bereich der Nachbarschaftssachen (60%) und in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten (69%), tendenziell geringer sind sie in Wohnungseigentumssachen (37%).

Wo spielt das Güterichterverfahren eine Rolle?

Weil die Amtsgerichte mit ihren ca. 1,1 Mio. jährlich erledigten Verfahren den Löwenanteil der Gerichtsverfahren bewältigen, gibt es hier natürlich auch die meisten gerichtsinternen Mediationen. In knapp 1,5% der im Jahr 2014 erledigten Fälle verwies der Streitrichter die Parteien an einen Güterichter. Auch wenn die absoluten Fallzahlen geringer sind, verweist das Landgericht die Beteiligten wesentlich häufiger, nämlich in knapp 2,1% aller Fälle, in das Güterichterverfahren. Noch wesentlich deutlichere Unterschiede ergeben sich, wenn man sich die Statistiken der einzelnen Bundesländer anschaut. Die Gerichte in Bayern und Hessen sind am skeptischsten gegenüber der gerichtsinternen Mediation: Bayerische Amtsgerichte verweisen nur 0,2% und bayerische Landgerichte nur 0,6% ihrer Verfahren vor den Güterichter, in Hessen liegen diese Werte bei 0,4% (Amtsgerichte) und 0,1% (Landgerichte). Extrem mediationsfreudig sind die Gerichte hingegen in Berlin: Hier landen 4,3% aller amtsgerichtlichen und 5,8% aller landgerichtlichen Fälle vor dem Güterichter. Auffällige Unterschiede zwischen Amts- und Landgerichten innerhalb eines Bundeslandes ergeben sich in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen: Die Amtsgerichte beider Länder befinden sich mit ihren Verweisen ungefähr im Bundesdurchschnitt (MV: 1,0%, Nds.: 1,7%), die Landgerichte beider Länder verweisen allerdings außerordentlich häufig in das Güterichterverfahren (MV: 8,6%, Nds.: 5,0%). Namentlich im Falle Niedersachsens kommt dies vermutlich nicht von ungefähr: Der Präsident des OLG Braunschweig rief dort unlängst einen Wettbewerb unter den drei niedersächsischen OLG-Bezirken um die meisten Güterichterverfahren im Jahr 2016 aus.

Die Statistik für die zivilgerichtliche Rechtspflege 2014 ist auf der Webseite des Statistischen Bundesamtes in den Formaten pdf und xlsx abrufbar.

Update: Eine spezielle Güterichterstatistik im Format xlsx steht nun auch auf dieser Seite zum kostenfreien Download zur Verfügung.

In jeder Verhandlungs- und Mediationsausbildung kommt sie vor, aber darüber, woher sie kommt, gehen die Meinungen auseinander. Die Geschichte vom Streit um die Orange – manche sprechen auch von der Harvard-Orange oder dem Orangenbeispiel – verdeutlicht eindrücklich den Unterschied zwischen Positionen und Interessen. Indes: Vermutlich kommt die berühmte Frucht weder aus Harvard noch ist sicher, dass es ursprünglich überhaupt um eine Orange ging.

Streit um die Orange: Der Unterschied zwischen Positionen und Interessen

Der Streit um die Orange ist schnell erzählt: Zwei Schwestern zanken sich um eine Orange. Die Mutter schneidet sie und gibt jeder Tochter eine Hälfte. Eine der Schwestern hat es auf den Saft abgesehen und entsorgt die Schale, die andere bäckt mit der Schale einen Kuchen und wirft das Fruchtfleisch weg. Die Mär von der Geschicht: Die Schwestern haben Positionen bzw. Ansprüche („Ich will die Orange haben“) formuliert, die nicht miteinander vereinbar waren. Hätten sie ihre Interessen ergründet („Ich möchte Orangensaft trinken“ und „Ich würde gerne einen Kuchen backen“), hätte eine win-win-Lösung auf der Hand gelegen. In der Praxis ist Wertschöpfung zuweilen komplizierter und nur eingeschränkt möglich. Dennoch zeigt das Orangenbeispiel sehr anschaulich, wie interessenorientiertes Verhandeln beiden Verhandlungspartnern nützen kann.

Uglis statt Orangen?

Häufig wird der Streit um die Orange mit dem Verhandlungsklassiker Getting to Yes (deutsch: Das Harvard-Konzept) in Verbindung gebracht. Tatsächlich waren es aber nicht dessen Autoren Fisher, Ury und Patton, die das Orangenbeispiel konzipierten. Vielmehr war der Streit um die Orange schon damals sprichwörtlich – auch wenn niemand so recht wusste, wer die Geschichte ursprünglich erfunden hat. Ein Beitrag von Deborah M. Kolb im Negotiation Journal (Vol. 11/4, Oktober 1995, S. 339 ff.) ging der Sache vor 20 Jahren einmal auf den Grund und identifizierte einen gewissen Robert J. House als Erfinder des Beispiels. In einem 1975 erschienenen US-amerikanischen Managementratgeber (Hall et al., Experiences in Management and Organizational Behavior, St. Clair Press, Chicago 1975) wird dessen sog. Ugli Orange Exercise beschrieben. Eine Übung mit einer hässlichen Orange? Nicht ganz. Eine Ugli orange – bzw. zu deutsch einfach Ugli – ist eine jamaikanische Kreuzung aus Orange, Tangerine und Grapefruit bzw. Pampelmuse. Die Bezeichnung Ugli ist inzwischen ein verselbständigter Markenname (Deonym), der sich vermutlich tatsächlich vom englischen ugly ableitet, denn die Farbe einer Ugli ist nicht orange, sondern grünlich-gelb.

Die Ugli orange exercise

Die von House entworfene Ugli-Übung zielt im Kern auf eine ähnliche Erkenntnis wie das klassische Orangenbeispiel. Der Spielleiter kündigt die Versteigerung von 3.000 Uglis an den Meistbietenden von zwei Interessenten an. Was die beiden aber nicht voneinander wissen: Einer von ihnen braucht die Rinde der Uglis, um damit ein Bindemittel für Nervengas herzustellen, das ansonsten in Kürze aus einem maroden Militärlager austreten und bei der Bevölkerung erhebliche gesundheitliche Schäden hervorrufen wird. Der andere Interessent braucht den Uglisaft für die Herstellung einer Arznei gegen eine neu ausgebrochene Schwangerschaftskrankheit, die ansonsten in absehbarer Zeit tausende Embryos schädigen wird. Wie beim Streit um die Orange gilt auch bei der Ugli-Übung: Die intuitiv naheliegende Formulierung von Positionen verstellt den Blick auf die Interessen. Viele Spieler erreichen trotz langwieriger und engagiert geführter Verhandlungen nicht die scheinbar selbstverständliche win-win-Lösung. Umso größer ist der Aha-Effekt bei der Auflösung des Spiels.

Ursprung des Orangenbeispiels: Nach wie vor ungeklärt!

So plausibel die Geschichte von der Ugli-Übung als Vorläuferin des Orangenbeispiels klingt, so bleibt doch Skepsis, dass das laut Getting to Yes bereits 1981 „sprichwörtliche“ Orangenbeispiel erst sechs Jahre zuvor erfunden worden sein soll. Eine Anfrage bei William Ury und Bruce Patton, den Autoren von Getting to Yes, klärt auf: Das Orangenbeispiel muss tatsächlich älter sein. Wie viele andere Verhandlungsforscher vermuten auch Ury und Patton den Ursprung der Geschichte bereits im frühen 20. Jahrhundert bei der bekannten US-amerikanischen Managementtrainerin Mary Parker Follett. Bisweilen werden sogar konkret ihre Werke „Constructive Conflict“ und „Creative Experience“ genannt. Ein Blick in beide Büchern zeigt allerdings: Hier ist von einer Orange keine Rede. Die Herkunft des Orangenbeispiels bleibt also weiter unklar. Wer kann Licht ins Dunkel bringen? Wer das Rätsel als erster durch einen konkreten Literaturnachweis auflösen kann, erhält von der Münchener Ausbildung zum Wirtschaftsmediator ein Jahresabonnement der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM).