Im aktuellen Heft der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM) gibt die Referentin im Bundesjustizministerium Constanze Eicher einen Überblick über die Entstehung der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator. Einige interessante Aspekte ihres Beitrags seien im Folgenden herausgegriffen.

Zielsetzung der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator

Ziel der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator ist es Eicher zufolge, das Berufsbild des Mediators zu stärken und eine qualifizierte Ausbildung für ein komplexes Konfliktlösungsverfahren sicherzustellen. Die nun ergangenen Regeln zum zertifizierten Mediator fußen dabei auf dem Verordnungsentwurf aus dem Jahr 2014. Gleichzeitig suchen sie die vielfältigen Anregungen zu berücksichtigen, die Wissenschaft und Praxis seither formuliert haben. Dies hat naturgemäß zu einigen Änderungen gegenüber dem Vorentwurf der ZMediatAusbV geführt. Eicher erläutert deren Hintergründe und gibt damit einen Anhaltspunkt für die Auslegung der Vorschriften der ZMediatAusbV. Insbesondere das Verhältnis von Präsenzausbildung, Fernunterricht und Selbststudium, aber auch die Auslandsregelung des § 6 ZMediatAusbV werden damit besser verständlich.

Pflichtinhalte können im Selbststudium erarbeitet werden

Dass die endgültige Verordnung zum zertifizierten Mediator im Unterschied zur Entwurfsfassung nunmehr Präsenzausbildungsstunden verlangt, begründet Eicher mit der Notwendigkeit persönlicher Interaktion der Teilnehmer mit den Trainern und untereinander. Mediationsverfahren seien durch spannungsreiche menschliche Beziehungen gekennzeichnet. Deswegen verlange der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 ZMediatAusbV praktische Übungen und Rollenspiele. Und deswegen sei auch eine gewisse Präsenzzeit unabdinglich. Gleichzeitig sei eine teilweise Fernausbildung dadurch nicht ausgeschlossen, solange nur der Präsenzteil der Ausbildung 120 Zeitstunden umfasse. Wichtig: Welche der in der Anlage zur ZMediatAusbV vorgesehenen Pflichtinhalte ein Ausbildungsinstitut im Präsenzteil behandelt, kann es Eicher zufolge selbst entscheiden.

„Es dürfte … nicht erforderlich sein, dass sich die 120 Präsenzzeitstunden genau auf die in der Anlage festgelegten Inhalte beziehen. Anbieter eines Fernstudiums können also flexibel entscheiden, welche der in der Anlage zur Verordnung aufgelisteten Ausbildungsinhalte sie in den 120 Präsenzzeitstunden vermitteln wollen und werden sich hierbei wahrscheinlich auf die Vermittlung von Verhandlungs- und Kommunikationstechniken konzentrieren. Die anderen Ausbildungsinhalte, die sich in erster Linie auf die Vermittlung von Wissen beziehen, können dann ausschließlich im Wege des Fernstudiums behandelt werden. Vorstellbar sind hier verschiedene Modelle, etwa ein Fernstudium, in dem die Grundlagen vermittelt werden und das anschließend mit einem mehrwöchigen Präsenzseminar abschließt oder Phasen des Selbststudiums, die durch mehrtägige Präsenzveranstaltungen unterbrochen werden.“

Das bedeutet: Wenn es dem Trainerteam einer Ausbildung an bestimmten – z.B. juristischen – Kompetenzen fehlt, kann es den Ausbildungsteilnehmern zu den entsprechenden Pflichtinhalten durchaus Bücher zu lesen geben. Offen bleibt allein, ob das Selbststudium bzw. dessen Lernerfolg zu prüfen ist oder der Selbstdisziplin der Teilnehmer überlassen bleibt.

Ausbildungsflucht ins Ausland nicht vereitelbar

Schließlich erwähnt Eicher auch, dass das Justizministerium die Gefahr einer Ausbildungsflucht ins Ausland gesehen hat. Nach § 6 ZMediatAusbV kann nämlich derjenige deutlich einfacher zum zertifizierten Mediator werden, der seine Ausbildung im Ausland absolviert. Der Verordnungsgeber war sich dieses Problems bewusst, sah sich aber aus europarechtlichen Gründen zu einer Gleichstellung ausländischer Ausbildungsabsolventen mit den inländischen Altfällen verpflichtet. Die Rechtsfolgen dieser „Diskriminierung inländischer Ausbildungsgänge“ (Greger) für den Bestand der ZMediatAusbV sind einstweilen unklar. Allerdings dürfte es keinen Rechtsmissbrauch darstellen, seine Ausbildung im Ausland zu absolvieren, um sich anschließend im Inland als zertifizierter Mediator zu bezeichnen.

Wie kann man im Streitfall eine Mediation vorschlagen, ohne damit ein Signal der Schwäche zu senden? Es braucht nicht wenig Fingerspitzengefühl, um den Mediationsvorschlag so zu lancieren, dass er eine echte Chance hat.

Strategische Falle: Mediation selbst ins Spiel bringen

Rechtsanwälte und Konfliktberater kennen das Problem aus ihrem Alltag: Sie stehen mit ihren Schützlingen auf einer Seite einer Streitigkeit. Beide Parteien haben ein erhebliches Interesse, eine weitere Eskalation zu vermeiden, etwa weil sie eine langjährige Geschäfts- oder Familienbeziehung nicht weiter belasten wollen oder weil der Ausgang eines Gerichtsverfahrens völlig offen wäre. Der Versuch einer zügigen einvernehmlichen Konfliktlösung, z.B. im Wege einer Mediation, liegt für beide Seiten auf der Hand. Vor dem Vorschlag einer Mediation scheuen sie dennoch zurück. Die Befürchtung: Wer eine Mediation vorschlage, strecke die Waffen und lasse zwischen den Zeilen durchblicken, dass von ihm eine Klage ohnehin nicht zu erwarten sei. Wenn die andere Seite den Mediationsvorschlag so versteht, wird sie ihn tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit ablehnen. Eine vertane Chance – auch deswegen, weil es nachher häufig gerade doch zur Klage kommt.

Ein Mediationsvorschlag braucht Autorität

Wie kann man stattdessen effektiv eine Mediation vorschlagen? Das Patentrezept lautet Autorität. Ein zustimmungsfähiger Mediationsvorschlag kommt typischerweise von jemandem, der bei beiden Parteien eine große Autorität genießt. Eine solche Autoritätsperson ist naturgemäß selten die andere Seite, mit der gerade Streit besteht. Es braucht etwas Kreativität, um herauszufinden, wer als Autoritätsperson in Betracht kommen könnte. Liegen zwei Unternehmen miteinander im Streit, könnte sich der Mediationsvorschlag etwa auf eine mediationsfreundliche verbandliche Richtlinie beziehen. In einem Erbstreit zwischen Familienmitgliedern mag der verstorbene Erblasser selbst als Pate für eine konsensuale Streitbeilegung in Betracht kommen. Ist ein Rechtsstreit schon bei Gericht anhängig, kann auch der Richter eine Mediation vorschlagen. Große Autorität hat natürlich auch, was die Parteien selbst in der Vergangenheit vereinbart haben, z.B. im Wege einer vertraglichen Mediationsklausel. Auch ein offenes Bekenntnis eines Unternehmens zur systematischen Nutzung alternativer Streitbeilegungsformen (sog. Pledge) hat sich in der Vergangenheit sehr bewährt.

Effektiv eine Mediation vorschlagen: Spielen über Bande

Im Streitfall gilt es dann, den Vorschlag über Bande zu spielen. Das bedeutet, dass sich die vorschlagende Partei beim Mediationsvorschlag explizit auf die mediationsfreundliche Autoritätsperson bezieht. So hat der Vorschlag die größten Chancen, die Zustimmung des Gegenübers zu finden. Wer als Rechtsanwalt oder Konfliktberater regelmäßig mediationsgeeignete Streitigkeiten begleitet, wird mit dieser Vorgehensweise gute Erfahrungen machen. Ergänzend dazu können sie schon vor dem Auftreten eines Konflikts auf gutes Konfliktmanagement hinwirken, indem sie in Verträge systematisch Mediationsklauseln aufnehmen.