Was ist eine Mediation? Die einfachste Definition lautet: Eine Mediation ist eine Verhandlung mit Unterstützung eines neutralen Dritten (vgl. Bühring-Uhle/Eidenmüller/Hacke, Mediation in der Wirtschaft, 2011, S. 63). Was so einfach scheint, kann im Einzelfall aber kompliziert sein. Das beginnt mit der Definition von Mediation nach dem Mediationsgesetz.

Was ist eine Mediation nach dem Mediationsgesetz?

Was eine Mediation ist, regelt seit 2012 das Mediationsgesetz. In § 1 MediationsG heißt es:

(1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.
(2) Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt.

Das Kernproblem dieser Definition: Sie führt zu einem Zirkelschluss. Dem ersten Absatz zufolge ist eine Mediation ein Verfahren, das von einem Mediator geleitet wird. Dem zweiten Absatz zufolge ist ein Mediator eine Person, der ein Mediationsverfahren leitet. Jenseits dieser Problematik ergibt sich aus § 3 Abs. 1 MediationsG, dass der Gesetzgeber die in § 1 Abs. 2 MediationsG eigentlich vorgesehene Unabhängigkeit und Neutralität des Mediators doch für verzichtbar hält. Es bleiben eine Reihe von wenig präzisen Tatbestandsmerkmalen, die für den Einzelfall viel Interpretationsspielraum offen lassen. Es verwundert daher nicht, wenn Mediatoren gelegentlich darüber streiten, was alles als Mediation zu bezeichnen ist.

Was ist keine Mediation?

Ein Beitrag von Reinhard Greger in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM 2015, 172-176) setzt sich mit eben dieser Frage auseinander. Greger wendet sich dagegen, den Mediationsbegriff ausufernd zu verwenden. Nicht darunter fielen reine Shuttle-Mediationen ohne gemeinsame Verhandlungen (siehe dazu auch den Beitrag zur Caucus-Mediation), die so genannte Telefonmediation durch Rechtsschutzversicherer, die so genannte deal mediation bei der Aushandlung eines Vertrages wie auch das aus den USA stammende Verfahren des collaborative law. Eine Sonderstellung nehme die Mediation als Tätigkeit des Richters im Güterichterverfahren ein: Hier handele es sich zwar um Mediation, aber nicht um Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes.

Wie juristisch ist der Mediationsbegriff?

Im aktuellen Heft der Zeitschrift für Konfliktmanagement erfährt die Perspektive von Greger nun Widerspruch. Roland Fritz und Heiner Krabbe (ZKM 2016, 103-104) warnen vor einer verrechtlichten Sichtweise auf die Mediation. Der Gesetzgeber habe den Mediationsbegriff bewusst offen gestaltet. Namentlich die Kurz-Zeit-Mediation, die Greger näher beim allgemeinen Begriff der Konfliktmoderation verortet hatte, wollen Fritz und Krabbe nicht aus dem Mediationsbegriff ausgegrenzt wissen. In einem weiteren Beitrag (ZKM 2016, 105-106) verteidigt Christian Prior die so genannte Klärungshilfe gegen die Ansicht Gregers, es handele sich dabei nicht um ein freiwilliges Verfahren. Ein Schlusswort zu dieser Debatte ist noch nicht gesprochen. Mit Blick auf § 1 MediationsG zeigt sich aber, dass die gesetzgeberische Definition der Mediation womöglich mehr Fragen aufgeworfen als gelöst hat.

Die so genannte Caucus-Mediation ist eine Spielart der Mediation, die vor allem in den USA praktiziert wird. Im Unterschied zur in Kontinentaleuropa vorherrschenden Mediationspraxis besteht eine Caucus-Mediation vornehmlich aus Einzelgesprächen: Der Mediator vermittelt als Shuttle zwischen beiden Parteien. In einem aktuellen Beitrag für die Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP) befasst sich Horst Eidenmüller mit der Frage, was einen Caucus charakterisiert und ob darin eine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes zu sehen ist.

Ablauf einer Caucus-Mediation

Der Ablauf einer Caucus-Mediation weicht üblicherweise zumindest teilweise vom Ablauf einer klassischen Mediation nach dem 5-Phasenschema ab. Das Verfahren beginnt mit einem Eröffnungsstatement des Mediators, das häufig noch im Plenum, d.h. unter Anwesenheit beider Parteien, stattfindet. Anschließend legen die Parteien regelmäßig in einem sog. opening statement kurz ihre jeweilige Sicht der Dinge dar. Danach trennen sich die Wege beider Seiten. Der Mediator pendelt dann als Vermittler zwischen beiden Parteien hin und her. Er macht Gebrauch von Fragetechniken, um mehr über die Verhandlungsbereitschaft der Beteiligten zu erfahren und sie zur Reflektion über mögliche Lösungen anzuregen. Er kann abhängig von der Definition seiner Rolle durch die Parteien das Augenmerk auf die Interessen der Beteiligten lenken, kann sich aber auch auf eine Moderation rein distributiver Verhandlungen beschränken. Ob die Gespräche vertraulich sind, ist ebenfalls der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten anheim gegeben. Die Verhandlungen münden im Idealfall in eine Einigung der Parteien; wie auch bei der klassischen kontintenaleuropäischen Mediation kommt es aber auch regelmäßig vor, dass man streitig auseinandergeht.

Vorteile und Nachteile der Caucus-Mediation

Nach der Darstellung des Ablaufs einer Caucus-Mediation geht Eidenmüller auf die wichtigsten Vor- und Nachteile dieses Verfahrens ein. Ein häufiger Kritikpunkt lautet Eidenmüller zufolge, dass die Interessen der Parteien im Caucus zu kurz kämen. Das Verfahren sei – so die Skeptiker – kaum mehr als ein „strukturierter Basar“; an echtes gegenseitiges Verständnis oder eine Verbesserung einer geschäftlichen oder persönlichen Beziehung sei regelmäßig nicht zu denken. Dem setzt Eidenmüller entgegen, häufig sei eine Verbesserung der Beziehung nicht oberste Priorität bei der Konfliktlösung. Wenn es vorrangig einen bloßen Verteilungskonflikt zu lösen gelte, könne dies regelmäßig gut im Wege einer Shuttle-Mediation geschehen. Auch in emotionalen und hocheskalierten Streitigkeiten sei der Rückzug auf Einzelgespräche häufig die einzige realistische Möglichkeit, um einer Konfliktlösung näher zu kommen. Weiterhin sei es in internationalen Streitigkeiten nicht selten auch die Sprachbarriere, die eine klassische Plenums-Mediation verhindere. Ohne Frage stelle der Caucus allerdings eine besondere Herausforderung für den Mediator dar, weil die Parteien häufig versucht seien, ihn als Werkzeug einzusetzen und die Verhandlungen so zu manipulieren.

Caucus-Mediation als Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes

Am Ende seines Beitrags wendet sich Eidenmüller der Frage zu, ob die Caucus-Mediation eine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes sei. Mit Blick darauf, dass das Mediationsgesetz von eigenverantwortlicher Kommunikation der Parteien spreche, werde dies bisweilen in Zweifel gezogen (so etwa Greger für den Fall, dass die Beteiligten eine Plenumssitzung von vornherein ausschließen; ZKM 2015, 172 f.). Dem hält Eidenmüller entgegen, zum einen zähle § 1 Abs. 1 MediationsG das Verhandlungsplenum nicht zum zwingenden Kern der Charakteristika einer Mediation, und zum anderen erlaube auch § 2 Abs. 3 MediationsG ausdrücklich Einzelgespräche der Parteien. Der Gesetzgeber habe den Mediationsbegriff bewusst für die Gestaltung durch die Beteiligten offen gehalten. Auch eine Caucus-Mediation sei insofern als Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes zu begreifen.

Der Beitrag von Eidenmüller ist der langjährigen Chefredakteurin der ZIP, Katherine Knauth, gewidmet. Er ist in der Beilage zu Heft 22/2016, S. 18-20, erschienen und auf der Webseite der ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht abrufbar.

Seit 2011 regelt Art. 218 der Schweizerischen Zivilprozessordnung einen Anspruch auf Mediationskostenhilfe, der insbesondere bei kindesrechtlichen Angelegenheiten nicht vermögensrechtlicher Art gewährt wird. Nunmehr kommt auch in Deutschland Bewegung in das Thema.

Mediationskostenhilfe: Neues Projekt in Berlin

Für die gerichtsinterne Mediation ist eine staatliche Kostenhilfe bereits frühzeitig aus der Sozialverantwortung des Staates nach Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitet worden (so etwa von Spindler, Abschlussbericht Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, 2006, Rn. 165, 312, 371, 638). Für die gerichtsnahe Mediation lässt sich ein Anspruch auf Kostenhilfe aus Art. 47 Abs. 3 der europäischen Grundrechtecharta ableiten, wenn sie vom Gericht angeordnet wurde (so Rakete-Dombek, NJW 2007, 3162, 3163 f.), andernfalls fehlt es dafür an einer Rechtsgrundlage (so Spangenberg zu OLG Köln v. 3. Juni 2011, 25 U 24/10, ZKM 2012, 29). Für die außergerichtliche Mediation hat die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) bereits 2006 ein Gesetz über die Kostenhilfe in Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung vorgeschlagen (pdf). Im Frühjahr 2016 wurde nun bekannt, dass das Land Berlin erstmals in 2016 und 2017 insgesamt € 200.000 für ein Pilotprojekt zur Mediationskostenhilfe in Familienstreitigkeiten zur Verfügung stellt. Die so genannte Berliner Initiative für Geförderte Familienmediation (BIGFAM) wird von zwei Berliner Mediationsvereinen getragen.

Mediationskostenhilfe: Das spricht dafür

Mit dem Modellprojekt kommt Berlin als erstes Bundesland einer bereits seit vielen Jahren geäußerten Forderung nach, die Mediation müsse durch staatliche Mittel finanziell gefördert werden, um für Streitparteien ausreichend attraktiv zu sein. Eine konsensuale Konfliktlösung sei gegenüber einem streitigen Urteil vorzugswürdig, deswegen müsse der Gesetzgeber die Anreize für die Mediation entsprechend günstig gestalten  (ähnlich etwa Proksch, ZKM 2011, 173, 176 f., und ZKM 2010, 39, 42 f. sowie Mähler, ZKM 2003, 73, 76). Nicht selten findet sich auch das Argument, mit einer Förderung der Mediation ließen sich Steuergelder sparen (siehe etwa Wagner, ZKM 2010, 172, 176); dies gilt insbesondere in familienrechtlichen Verfahren, die häufig ohnehin über die Prozesskostenhilfe vom Staat finanziert werden.

Mediationskostenhilfe: Das spricht dagegen

Auf der anderen Seite gibt es auch Stimmen, die beim Thema Mediationskostenhilfe zur Vorsicht mahnen. Dabei lautet etwa ein Argument, dass Streitparteien nur dann konstruktiv handeln würden, wenn sie das Verfahren selbst finanzieren, eine Kostenhilfe sei insofern womöglich sogar kontraproduktiv (so etwa Goll, ZKM 2002, 144, 145). Weiter wird die Befürchtung geäußert, eine Mediationskostenhilfe könne den Zugang zum streitigen Verfahren erschweren (Duve, in: Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme Nr. 53/08, S. 5). Schließlich gibt es die Sorge, die Voraussetzungen einer Mediationskostenhilfe müssten womöglich so niederschwellig formuliert werden, dass die damit verbundenen Ausgaben sogleich unüberschaubar groß werden könnten. Um diese Problematik in den Griff zu bekommen, könnte die Mediationskostenhilfe als Anschubfinanzierung nach niederländischem Vorbild ausgestaltet werden (Hopt/Steffek, Mediation, S. 29 f.; Steffek, 74 RabelsZ 2010, 848 (870 f.) m.w.N.). Freilich erscheint fraglich, ob sich ein nennenswerter Anteil der Mediationsparteien nach Auslaufen der Anschubfinanzierung zur selbstfinanzierten Fortsetzung des Verfahrens entschlösse.

Mediationskostenhilfe bis auf Weiteres nicht auf der Agenda des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber wird eine staatliche Mediationskostenhilfe voraussichtlich weder in der aktuellen noch in der folgenden Legislaturperiode installieren. Sollte sich das Thema mittelfristig auf der rechtspolitischen Agenda wiederfinden, dürfte eine Mediationskostenhilfe am ehesten in das Verfahren in Familiensachen Eingang finden. Der Gesetzgeber könnte hier insbesondere erproben, ob eine Mediationskostenhilfe neben einer Befriedung der Parteien auch zu einer Entlastung der Justiz führen kann. In diesem Fall wäre auch die Einführung entsprechender Regeln für arbeitsrechtliche Konflikte denkbar. Für die Wirtschaftsmediation im engeren Sinne ist eine staatliche Mediationskostenhilfe bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Die unternehmerische Kalkulation spricht hier auch ohne eine staatliche Subvention in vielen Fällen dafür, die Mediation dem streitigen Verfahren vorzuziehen (weiterführend Engel, in: Eidenmüller/Wagner, Mediationsrecht, 2015, Kap. 10 Rn. 73 ff.).