Ein Beitrag von Roland Fritz und Heiner Krabbe in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM 2017, 89-93 und 149-154) beschäftigt sich mit der Einzelsupervision für zertifizierte Mediatoren. Was ist unter dem Begriff der Einzelsupervision konkret zu verstehen?

Supervision in MediationsG und ZMediatAusbV unpräzise geregelt

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 MediationsG soll eine Mediationsausbildung unter anderem eine Supervision beinhalten. Nach § 2 Abs. 2 und 5 ZMediatAusbV muss eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator eine Einzelsupervision umfassen. Was genau unter einer Supervision bzw. einer Einzelsupervision zu verstehen ist, lassen Gesetzgeber und Verordnungsgeber aber offen. Fritz und Krabbe kritisieren das:

Indes hätte vom Verordnungsgeber erwartet werden dürfen, dass er ein Regelwerk präsentiert, das über klare Begrifflichkeiten verfügt, aus sich selbst heraus verständlich ist und somit von jedem Mediator unmittelbar angewendet werden kann, ohne dass sich dieser zuvor durch umfassende Erläuterungen kämpfen muss.

Immerhin finde der Supervisionsbegriff auch in anderen Berufen Anwendung. Insbesondere sei eine Anleihe an dem für Psychotherapeuten eingebürgerten Supervisionsbegriff nach § 4 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) möglich. Darin heißt es:

Die praktische Ausbildung … umfaßt mindestens 600 Behandlungsstunden unter Supervision mit mindestens sechs Patientenbehandlungen sowie mindestens 150 Supervisionsstunden, von denen mindestens 50 Stunden als Einzelsupervision durchzuführen sind.

Zwar stehen Fritz und Krabbe zufolge im Zentrum einer Mediationssupervision andere Fragen als im Kontext der Psychotherapie. Bei der Supervision einer Mediation gehe es weniger um Therapie und Beziehung als vielmehr um das Verhalten der Konfliktparteien, den Verlauf des Mediationsgesprächs und die Rolle des Mediators. Mancher methodische Zugriff aus diesem Bereich lasse sich aber auch für eine Mediationssupervision fruchtbar machen.

Definition von Supervision und Einzelsupervision

Fritz und Krabbe versuchen vor diesem Hintergrund, begriffliche Klarheit für Mediatoren zu schaffen. Sie definieren die Supervision als

eine Selbstreflexion erlebter Situationen und erlebten Verhaltens der eigenen Berufstätigkeit als Mediator mit dem Ziel einer Verbesserung, einer Neuorientierung.

Diese Fallreflexion kann laut Fritz und Krabbe in einem Zweiersetting aus Mediator und Ausbilder stattfinden. Besser sei es freilich, wenn die Supervision als Gruppensupervision durchgeführt werde, weil dies einen wesentlich weiteren Ideenraum eröffne. Eine solche Gruppensupervision sei auch im Rahmen einer Ausbildung zum zertifizierten Mediator möglich. Der von der ZMediatAusbV verwendete Begriff Einzelsupervision bedeute nämlich nicht, dass der Mediator und sein Ausbilder die Supervision nur zu zweit durchführen dürften. Gemeint sei vielmehr, dass jeder Teilnehmer seinen eigenen Fall mitbringt und in der Supervision reflektiert. Dass jeder Ausbildungsteilnehmer einen eigenen Fall reflektieren kann, hatte seinerzeit auch die BMJV-Referentin Constanze Eicher (ZKM 2016, 160, 161) als Ziel formuliert. Dies sah sie allerdings wohl nur in einem Zweiersupervisionssetting ausreichend gewährleistet. Auch die PsychTh-APrV versteht unter einer Einzelsupervision ein reines Zweiersetting.

Mediationsanaloger Ablauf der Supervision

Zum Ablauf einer Supervision schlagen Fritz und Krabbe eine Orientierung an den Phasen der Mediation vor (sog. mediationsanaloge Supervision). Dazu gehören folgende fünf Schritte:

  1. Vorstellung der Methode der Supervision
  2. Erläuterung eines Falls und der dadurch aufgeworfenen Fragen
  3. Sammlung und Priorisierung von Hypothesen der Gruppenteilnehmer zum erläuterten Fall
  4. Entwicklung und Bewertung von Ideen und Handlungsoptionen für den Mediator
  5. Vereinbarung des weiteren Vorgehens

Sind mehrere Fälle Gegenstand der Supervision, werden die Schritte 2 bis 5 entsprechend wiederholt. Obwohl die ZMediatAusbV von einer Einzelsupervision „im Anschluss an eine … durchgeführte Mediation“ spricht, soll Fritz und Krabbe zufolge auch ein noch laufender Mediationsfall genügen. Grund dafür sei die Tatsache, dass eine unmittelbar nach ihrem Beginn abgebrochene Mediation unzweifelhaft Gegenstand der Supervision sein könne. Dann müsse aber jegliche Rumpfmediation unabhängig von ihrer Beendigung supervidierbar sein. Mit dem Wortlaut der ZMediatAusbV erscheint dieses Verständnis freilich schwer vereinbar.

Dauer der Supervision und Kommunikationsmedium

Schließlich gehen Fritz und Krabbe noch auf den Rahmen einer Einzelsupervision für Mediatoren ein. Die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung macht insoweit keine Vorgaben. Fritz und Krabbe verweisen auf die vielfältigen Formen moderner Kommunikationsmedien wie Bild- oder Sprachtelefon, Chat und E-Mail. Im Grundsatz könne man all diese Möglichkeiten der Fernkommunikation für eine Supervision einsetzen. Ein face-to-face-Gespräch werde zwar in vielen Fällen eine gründlichere Reflektion ermöglichen, in Zeiten von Skype und Facetime sei allerdings auch das fernkommunikativ machbar. Damit bleibt die Hürde für eine verordnungskonforme Einzelsupervision letztlich niedrig: Schon ein zehnminütiges Telefonat mit dem Supervisor wird im Zweifel die Voraussetzungen der ZMediatAusbV erfüllen.

Dürfen Rechtsanwalt und Mediator kooperieren oder sich in einer Bürogemeinschaft zusammentun? Auf den ersten Blick spricht wenig dagegen. Schließlich sind viele Rechtsanwälte selbst Mediatoren, die Berufe liegen also nah zusammen. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Mediation eine anwaltliche Tätigkeit. Juristisch ist die Zusammenarbeit von Rechtsanwalt und Mediator allerdings nicht unproblematisch. Der Anwaltsgerichtshof Celle hat in einer aktuellen Entscheidung eine strenge Trennung beider Professionen angemahnt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und wird daher intensiv diskutiert.

§ 59a BRAO: Rechtsanwälte sollen das Recht pflegen

Hintergrund der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle ist § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO. Darin heißt es:

Rechtsanwälte dürfen sich mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden.

Der Sinn dieser Vorschrift: Rechtsanwälte sollen als Organe der Rechtspflege vorrangig dem Recht zur Durchsetzung verhelfen. Sie sollen nicht durch berufliche Verbindungen mit unähnlichen Berufen dazu verleitet werden, andere und vor allem rein wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Die aus dem Jahr 1994 stammende Vorschrift war in letzter Zeit durchaus Gegenstand von Diskussionen, hat sich aber bis heute gehalten. In einer viel beachteten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Norm freilich vor kurzem eingeschränkt. Mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (Az. 1 BvL 6/13, Volltext) stellte es fest, dass eine Zusammenarbeit von Anwälten mit Ärzten und Apothekern in bestimmten Fällen möglich sein muss.

Anwaltsgerichtshof Celle: Entscheidend ist die Pflicht zur Verschwiegenheit

Im nunmehr vom Anwaltsgerichtshof Celle entschiedenen Fall (Urteil vom 22. Mai 2017, Az. AGH 16/16, Volltext) ging es um die gemeinschaftliche Berufsausübung eines Anwalts mit einem Mediator. Der Mediator war früher selbst Anwalt gewesen, hatte seine Zulassung aber zurückgegeben und wollte nunmehr nur noch als Mediator tätig sein. Zunächst wollten Rechtsanwalt und Mediator als Partner zusammenarbeiten, später beschränkten sie sich auf eine schlichte Kooperation in Form einer Bürogemeinschaft. Allerdings: Die örtliche Rechtsanwaltskammer hielt beides für unzulässig. Und der Anwaltsgerichtshof Celle gab ihr Recht. Der entscheidende Punkt: Wer mit einem Anwalt beruflich zusammen arbeite, müsse einem Beruf angehören, für den eine scharfe gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gilt. Ärzten und Apothekern etwa sei die Verletzung eines beruflich erlangten Privatgeheimnisses unter Strafe verboten (§ 203 StGB). In einem Strafprozess dürften sie gemäß § 53 StPO das Zeugnis über solche sensiblen Informationen verweigern. Für Mediatoren gilt zwar gemäß § 4 MediationsG auch eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, diese ist aber nicht strafrechtlich und strafprozessual abgesichert. Insofern sind Mandanteninformationen dem AGH Celle zufolge bei Mediatoren weniger sicher als bei einem Anwalt. Das rechtfertige ein Verbot der gemeinschaftlichen Berufsausübung – und sei es auch nur in einer bloßen Bürogemeinschaft.

Rechtsanwalt und Mediator: Wie viel Zusammenarbeit ist zulässig?

Die Entscheidung des AGH Celle ist mit Blick auf ihre juristische Argumentation durchaus nachvollziehbar. Gleichzeitig steht sie in einem gewissen Gegensatz zu einem aktuellen Trend, das Recht der beruflichen Zusammenarbeit zu liberalisieren. Soeben erst hat der Bundestag in erster Lesung einen Gesetzentwurf zum sog. non-legal outsourcing passieren lassen und damit Anwälten die Zusammenarbeit mit nichtanwaltlichen Dienstleistern erleichtert. Bis auf Weiteres gilt dennoch, dass jedwede berufliche Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und Mediator heikel ist. Insbesondere ist es auch nicht zulässig, dass sich ein Anwalt außerhalb seiner Anwaltskanzlei mit einem Mediator zusammenschließt. Denn ein Anwalt kann aus Sicht des Rechts seine Robe nie abstreifen. Das AG Lübeck (Urteil vom 29. September 2006, Az. 24 C 1853/06, Volltext) formuliert plastisch:

Wird die Mediation durch einen Anwalt angeboten, dann ist sie eine anwaltliche Dienstleistung…

Erlaubt bleiben danach allenfalls lose Kooperationsformen ohne Bürogemeinschaft, etwa in Form von Netzwerken. Wer als Anwalt eine nähere Bindung wagt, riskiert eine Rüge der örtlichen Anwaltskammer. Allerdings bleibt das Thema in Bewegung: Die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle ist noch nicht rechtskräftig und könnte vom Bundesgerichtshof noch gekippt werden. Und selbst wenn es dazu nicht kommt: Der Gesetzgeber hat das anwaltliche Berufsrecht in den vergangenen Jahren immer weiter liberalisiert. Das Gesetz zum non-legal outsourcing dürfte nicht die letzte Deregulierung des beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten gewesen sein.

Update Januar 2018: Der Anwaltssenat des BGH hat die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle mit Urteil vom 29. Januar 2018 bestätigt (Az. AnwZ (Brfg) 32/17).