Im Anschluss an die Güterichterstatistik 2014 stellen wir hier die neue Güterichterstatistik 2015 (xlsx) aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur gerichtsinternen Mediation vor. Nachdem das Güterichterverfahren 2014 erstmals von der Statistik des Statistischen Bundesamts erfasst wurde, zeigt sich nun schon eine erste Entwicklung im Vorjahresvergleich.

Erledigungsquote bei gut 50%, Vergleichsquote über 30%

Die Güterichterstatistik 2015 lässt zunächst erkennen, dass in einer gerichtsinternen Mediation ganz erhebliche Einigungschancen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit, einen Konsens zu erzielen, ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch etwas gestiegen. In gut der Hälfte der Fälle führt die Verhandlung vor dem Güterichter zu einer Erledigung des Verfahrens (50,3% ggü. 48,6% im Vorjahr). In 31,5% (Vorjahr: 29,5%) der Fälle geschieht dies durch den Abschluss eines Vergleichs. Dass die Vergleichsquote deutlich hinter der Erledigungsquote zurückbleibt, erklärt sich dadurch, dass sich die Beteiligten nicht selten vor dem Güterichter auf die Rücknahme der Klage oder ein Anerkenntnis verständigen, ohne dass dies formal als Vergleich protokolliert wird.

Güterichterstatistik 2015: Deutlich weniger Verweise ins Güterichterverfahren

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Verweise in das Güterichterverfahren 2015 im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesunken ist. Während 2014 knapp 25.000 Fälle in der gerichtsinternen Mediation landeten, sank diese Zahl 2015 um 23% auf kaum mehr als 19.000 Fälle. Die Amtsgerichte verwiesen 2015 1,0% (Vorjahr: 1,5%) ihrer Streitverfahren vor den Güterichter, vor den Landgerichten erfolgte der Verweis nach § 278 Abs. 5 ZPO in 2,1% (Vorjahr: 2,3%) der erstinstanzlichen Verfahren. Auch die Verweisquote in landgerichtlichen Berufungsverfahren (0,3%, Vorjahr: 0,6%) sowie vor den Oberlandesgerichten (0,6%, Vorjahr: 0,9%) ist erheblich gesunken. In den verschiedenen Bundesländern fiel der Rückgang der Verweise ins Güterichterverfahren unterschiedlich stark aus. Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verzeichnen einen Rückgang der Verweise um ein Viertel. In Baden-Württemberg und Bremen wurden mehr als ein Drittel weniger Verweise ausgesprochen. Sachsen-Anhalt und Thüringen kamen 2015 auf kaum mehr als die Hälfte der Verweiszahlen aus 2014. Und in Hamburg und Rheinland-Pfalz ging die Zahl der Verweise gar um etwa zwei Drittel zurück. Allein Niedersachsen verzeichnet eine moderate Steigerung, die sich in 2016 aufgrund des dort angestoßenen Wettbewerbs um mehr Güterichterverfahren weiter fortsetzen dürfte.

Die ausführliche Güterichterstatistik steht hier zum kostenlosen Download (xlsx) zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Die Europa-Universität Viadrina hat gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers eine Studie zum Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft veröffentlicht. Die Untersuchung skizziert die Entwicklungen im Konfliktmanagement deutscher Unternehmen zwischen 2005 und 2015.

Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft: Keine Revolution, aber Veränderungsdruck

Die Studie basiert auf einer Befragung von 150 Vertretern von Unternehmen verschiedener Branchen ab einer Unternehmensgröße von 50 Mitarbeitern. Hinzu kamen 32 Datensätze von Mitgliedern oder Teilnehmern des Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft. Die Untersuchung fragte insbesondere nach der Selbsteinschätzung der Unternehmensvertreter hinsichtlich Bekanntheit und Nutzung von Methoden alternativer Streitbeilegung im Unternehmen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Streitstrategien deutscher Unternehmen im vergangenen Jahrzehnt nicht revolutioniert haben. Allerdings beobachtet sie viele graduelle Veränderungen, die insgesamt das Bild einer deutlichen Modernisierung beim Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft zeichnen. Es gebe insbesondere eine Reihe von Unternehmen, die als Vorreiter im Bereich der Streitbeilegung im Rest des Marktes für einen nennenswerten Veränderungsdruck sorgten.

Wunsch und Wirklichkeit rücken langsam näher zusammen

Die langsame, aber stetige Fortentwicklung beim Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft ist der Studie zufolge auch Ausdruck einer Annäherung der Unternehmenspraxis an die abstrakt erkannten Vorteile konsensualer Konfliktlösung. Die Mediation und andere Verfahren der alternativen Streitbeilegung waren zwar auch schon zu Beginn des 21. Jahrhunderts in vielen Unternehmen bekannt. An diesem Bekanntheitsgrad hat sich seither wenig geändert. Neu ist allerdings, dass sich diese Einsichten nunmehr langsam in der Unternehmenspraxis umzusetzen scheinen. Die Autoren der Studie beobachten namentlich ein unternehmerisches Bemühen um bessere Konfliktprävention. Dabei geht es einerseits um Konflikte zwischen vertraglich verbundenen Unternehmen, andererseits aber auch um möglichst störungsfreie innerbetriebliche Abläufe. Die im Herbst 2016 vorgestellten Ansätze eines Conflict Management Codex und eines Corporate Pledge des Round Table sind die jüngsten Boten dieser Entwicklung.

Die komplette Studie zum Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft steht auf den Seiten von PricewaterhouseCoopers als pdf zum kostenlosen Download zur Verfügung.