Mediationskostenhilfe

Mediationskostenhilfe: Pro und Contra

Seit 2011 regelt Art. 218 der Schweizerischen Zivilprozessordnung einen Anspruch auf Mediationskostenhilfe, der insbesondere bei kindesrechtlichen Angelegenheiten nicht vermögensrechtlicher Art gewährt wird. Nunmehr kommt auch in Deutschland Bewegung in das Thema.

Mediationskostenhilfe: Neues Projekt in Berlin

Für die gerichtsinterne Mediation ist eine staatliche Kostenhilfe bereits frühzeitig aus der Sozialverantwortung des Staates nach Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitet worden (so etwa von Spindler, Abschlussbericht Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen, 2006, Rn. 165, 312, 371, 638). Für die gerichtsnahe Mediation lässt sich ein Anspruch auf Kostenhilfe aus Art. 47 Abs. 3 der europäischen Grundrechtecharta ableiten, wenn sie vom Gericht angeordnet wurde (so Rakete-Dombek, NJW 2007, 3162, 3163 f.), andernfalls fehlt es dafür an einer Rechtsgrundlage (so Spangenberg zu OLG Köln v. 3. Juni 2011, 25 U 24/10, ZKM 2012, 29). Für die außergerichtliche Mediation hat die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) bereits 2006 ein Gesetz über die Kostenhilfe in Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung vorgeschlagen (pdf). Im Frühjahr 2016 wurde nun bekannt, dass das Land Berlin erstmals in 2016 und 2017 insgesamt € 200.000 für ein Pilotprojekt zur Mediationskostenhilfe in Familienstreitigkeiten zur Verfügung stellt. Die so genannte Berliner Initiative für Geförderte Familienmediation (BIGFAM) wird von zwei Berliner Mediationsvereinen getragen.

Mediationskostenhilfe: Das spricht dafür

Mit dem Modellprojekt kommt Berlin als erstes Bundesland einer bereits seit vielen Jahren geäußerten Forderung nach, die Mediation müsse durch staatliche Mittel finanziell gefördert werden, um für Streitparteien ausreichend attraktiv zu sein. Eine konsensuale Konfliktlösung sei gegenüber einem streitigen Urteil vorzugswürdig, deswegen müsse der Gesetzgeber die Anreize für die Mediation entsprechend günstig gestalten  (ähnlich etwa Proksch, ZKM 2011, 173, 176 f., und ZKM 2010, 39, 42 f. sowie Mähler, ZKM 2003, 73, 76). Nicht selten findet sich auch das Argument, mit einer Förderung der Mediation ließen sich Steuergelder sparen (siehe etwa Wagner, ZKM 2010, 172, 176); dies gilt insbesondere in familienrechtlichen Verfahren, die häufig ohnehin über die Prozesskostenhilfe vom Staat finanziert werden.

Mediationskostenhilfe: Das spricht dagegen

Auf der anderen Seite gibt es auch Stimmen, die beim Thema Mediationskostenhilfe zur Vorsicht mahnen. Dabei lautet etwa ein Argument, dass Streitparteien nur dann konstruktiv handeln würden, wenn sie das Verfahren selbst finanzieren, eine Kostenhilfe sei insofern womöglich sogar kontraproduktiv (so etwa Goll, ZKM 2002, 144, 145). Weiter wird die Befürchtung geäußert, eine Mediationskostenhilfe könne den Zugang zum streitigen Verfahren erschweren (Duve, in: Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme Nr. 53/08, S. 5). Schließlich gibt es die Sorge, die Voraussetzungen einer Mediationskostenhilfe müssten womöglich so niederschwellig formuliert werden, dass die damit verbundenen Ausgaben sogleich unüberschaubar groß werden könnten. Um diese Problematik in den Griff zu bekommen, könnte die Mediationskostenhilfe als Anschubfinanzierung nach niederländischem Vorbild ausgestaltet werden (Hopt/Steffek, Mediation, S. 29 f.; Steffek, 74 RabelsZ 2010, 848 (870 f.) m.w.N.). Freilich erscheint fraglich, ob sich ein nennenswerter Anteil der Mediationsparteien nach Auslaufen der Anschubfinanzierung zur selbstfinanzierten Fortsetzung des Verfahrens entschlösse.

Mediationskostenhilfe bis auf Weiteres nicht auf der Agenda des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber wird eine staatliche Mediationskostenhilfe voraussichtlich weder in der aktuellen noch in der folgenden Legislaturperiode installieren. Sollte sich das Thema mittelfristig auf der rechtspolitischen Agenda wiederfinden, dürfte eine Mediationskostenhilfe am ehesten in das Verfahren in Familiensachen Eingang finden. Der Gesetzgeber könnte hier insbesondere erproben, ob eine Mediationskostenhilfe neben einer Befriedung der Parteien auch zu einer Entlastung der Justiz führen kann. In diesem Fall wäre auch die Einführung entsprechender Regeln für arbeitsrechtliche Konflikte denkbar. Für die Wirtschaftsmediation im engeren Sinne ist eine staatliche Mediationskostenhilfe bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Die unternehmerische Kalkulation spricht hier auch ohne eine staatliche Subvention in vielen Fällen dafür, die Mediation dem streitigen Verfahren vorzuziehen (weiterführend Engel, in: Eidenmüller/Wagner, Mediationsrecht, 2015, Kap. 10 Rn. 73 ff.).