Wie kann man im Streitfall eine Mediation vorschlagen, ohne damit ein Signal der Schwäche zu senden? Es braucht nicht wenig Fingerspitzengefühl, um den Mediationsvorschlag so zu lancieren, dass er eine echte Chance hat.
Strategische Falle: Mediation selbst ins Spiel bringen
Rechtsanwälte und Konfliktberater kennen das Problem aus ihrem Alltag: Sie stehen mit ihren Schützlingen auf einer Seite einer Streitigkeit. Beide Parteien haben ein erhebliches Interesse, eine weitere Eskalation zu vermeiden, etwa weil sie eine langjährige Geschäfts- oder Familienbeziehung nicht weiter belasten wollen oder weil der Ausgang eines Gerichtsverfahrens völlig offen wäre. Der Versuch einer zügigen einvernehmlichen Konfliktlösung, z.B. im Wege einer Mediation, liegt für beide Seiten auf der Hand. Vor dem Vorschlag einer Mediation scheuen sie dennoch zurück. Die Befürchtung: Wer eine Mediation vorschlage, strecke die Waffen und lasse zwischen den Zeilen durchblicken, dass von ihm eine Klage ohnehin nicht zu erwarten sei. Wenn die andere Seite den Mediationsvorschlag so versteht, wird sie ihn tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit ablehnen. Eine vertane Chance – auch deswegen, weil es nachher häufig gerade doch zur Klage kommt.
Ein Mediationsvorschlag braucht Autorität
Wie kann man stattdessen effektiv eine Mediation vorschlagen? Das Patentrezept lautet Autorität. Ein zustimmungsfähiger Mediationsvorschlag kommt typischerweise von jemandem, der bei beiden Parteien eine große Autorität genießt. Eine solche Autoritätsperson ist naturgemäß selten die andere Seite, mit der gerade Streit besteht. Es braucht etwas Kreativität, um herauszufinden, wer als Autoritätsperson in Betracht kommen könnte. Liegen zwei Unternehmen miteinander im Streit, könnte sich der Mediationsvorschlag etwa auf eine mediationsfreundliche verbandliche Richtlinie beziehen. In einem Erbstreit zwischen Familienmitgliedern mag der verstorbene Erblasser selbst als Pate für eine konsensuale Streitbeilegung in Betracht kommen. Ist ein Rechtsstreit schon bei Gericht anhängig, kann auch der Richter eine Mediation vorschlagen. Große Autorität hat natürlich auch, was die Parteien selbst in der Vergangenheit vereinbart haben, z.B. im Wege einer vertraglichen Mediationsklausel. Auch ein offenes Bekenntnis eines Unternehmens zur systematischen Nutzung alternativer Streitbeilegungsformen (sog. Pledge) hat sich in der Vergangenheit sehr bewährt.
Effektiv eine Mediation vorschlagen: Spielen über Bande
Im Streitfall gilt es dann, den Vorschlag über Bande zu spielen. Das bedeutet, dass sich die vorschlagende Partei beim Mediationsvorschlag explizit auf die mediationsfreundliche Autoritätsperson bezieht. So hat der Vorschlag die größten Chancen, die Zustimmung des Gegenübers zu finden. Wer als Rechtsanwalt oder Konfliktberater regelmäßig mediationsgeeignete Streitigkeiten begleitet, wird mit dieser Vorgehensweise gute Erfahrungen machen. Ergänzend dazu können sie schon vor dem Auftreten eines Konflikts auf gutes Konfliktmanagement hinwirken, indem sie in Verträge systematisch Mediationsklauseln aufnehmen.