Das Oberlandesgericht Celle hat kürzlich einen Fall entschieden, der anwaltliche Mediatoren zur Vorsicht mahnt. Kernbotschaft: Wenn ein Mediationsversuch nicht erfolgreich ist, darf der Mediator in derselben Angelegenheit nicht anschließend als Rechtsbeistand einer der beiden Parteien auftreten.

Verstoß gegen das Mediationsgesetz

Der ursprünglich dem Amtsgericht Springe vorliegende Fall ist schnell erzählt: Ein Anwalt hatte sich den Parteien als Mediator angedient, um in der Phase der Trennung zweier Ehegatten eine Verständigung zu ermöglichen. Anschließend vermittelte er als Shuttle-Mediator zwischen den Eheleuten und erörterte in diesem Zusammenhang mit jedem von ihnen ihre individuelle Sicht der Dinge. Zu einer Einigung kam es jedoch nicht. Etwa zwei Jahre später folgte das Scheidungsverfahren. In diesem Kontext trat der frühere Mediator nun als Anwalt des Ehemanns auf. Ein klarer Verstoß gegen § 3 Abs. 2 S. 2 MediationsG:

„Der Mediator darf … nicht … nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden.“

Folgerichtig intervenierte die zuständige Rechtsanwaltskammer, und der Anwalt legte das Mandat nieder.

Strafrechtliche Verurteilung wegen Parteiverrats

Mit der Mandatsniederlegung war es freilich nicht getan. Von der Strafjustiz kassierte der Mann wenig später einen Schuldspruch wegen Parteiverrats nach § 356 Abs. 1 StGB. Diese Vorschrift sagt:

„Ein Anwalt…, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Die Ratio des Gerichts: Anwälte sollen nach einem modernen Berufsbild nicht nur streiten, sondern auch schlichten und vermitteln. Deswegen ist Mediation bei Anwälten keine Nebentätigkeit, sonden Teil ihrer anwaltlichen Tätigkeit. Also darf man nach einem Auftrag einer Partei (hier der Frau) anschließend nicht einseitig die andere Partei (hier den Mann) beraten. Oder mit den Worten des Straftatbestands: Man verrät die Interessen der erstbeauftragenden Partei, wenn man sich anschließend im selben Rechtsstreit einseitig ihrem Widersacher andient.

Parteiverrat insbesondere bei vertraulichen Einzelgesprächen

Diese Bewertung wirkt auf den ersten Blick überraschend. Denn wenn der erste Auftrag ein Mediationsmandat ist, stellt sich der Mediator ja anfangs gerade nicht parteilich auf die Seite einer Beteiligten, die er dann später an ihr Gegenüber verraten könnte. Anders liegen die Dinge aber, sobald der Mediator beginnt, Einzelgespräche mit den Parteien zu führen. Denn dann vertrauen ihm die Parteien typischerweise Dinge an, die sie ihrem Kontrahenten gegenüber aus strategischen Gründen so nicht offenbaren würden. Gerade in Einzelgesprächen genießt ein Mediator also besonderes Vertrauen der Beteiligten, das er erheblich missbrauchen kann, wenn er sich anschließend von der Gegenseite als Anwalt mandatieren lässt. Im vorliegenden Fall war der Anwaltsmediator sogar fast ausschließlich als Shuttle-Mediator tätig, und das wiederum erklärt die strafgerichtliche Einschätzung, er habe durch die anschließende Anwaltstätigkeit Parteiverrat begangen.

Lehren des Falls: Klare Haltung, klare Rolle

Aus dem Fall des OLG Celle kann man lernen: Es ist selten eine gute Idee, die eigene Rolle flexibel zu definieren und sich den Parteien auf Gedeih und Verderb anzudienen, nur um ein irgendwie geartetes Mandat akquirieren oder fortführen zu können. Die best practice lautet: Gerade Anwältinnen und Anwälte, die ein Verfahren in unterschiedlichen Funktionen begleiten können – z.B. als Parteivertreter, Vermittler, Schlichter oder Schiedsrichter – sollten ihre Rolle früh klar definieren und bei sich abzeichnenden Rollenkonflikten an unvoreingenommene Kolleginnen und Kollegen verweisen.

Originaltext des Urteils: OLG Celle v. 26. August 2025, 2 ORs 96/25, Volltext auf Juris