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Bringt die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) nur eine „Zertifizierung light“? Zwei Beiträge im Januarheft des Anwaltsblatts 2017 beschäftigen sich mit dem zertifizierten Mediator. Darin äußern die Autoren teilweise Zustimmung zu den Regeln der ZMediatAusbV, teilweise aber auch deutliche Kritik am gewählten Regelungskonzept.

Kein Befund mangelhafter Mediationsqualität

Im ersten der beiden Beiträge ordnen Horst Eidenmüller und der Verfasser dieses Blogs den zertifizierten Mediator als eine Maßnahme zur Förderung der Mediationsqualität ein. Der Verordnungsgeber möchte das Vertrauen in das Mediationsverfahren stärken und schafft dazu den zertifizierten Mediator als ein Gütesiegel. Interessant dabei ist freilich, dass den Qualitätssicherungsmaßnahmen kein Befund vorausgeht, dass es im Mediationsmarkt überhaupt an Qualität mangelt. Darüber hinaus kritisiert der Beitrag, dass die Zertifizierung von Mediatoren keine Prüfung voraussetzt. Damit ist die Qualifikation zertifizierter Mediatoren entgegen der regulatorischen Zielsetzung gerade nicht abgesichert. Zudem droht eine Irreführung der Marktteilnehmer, die erwarten werden, dass eine neutrale Stelle für die Qualifikation der zertifizierten Mediatoren bürgt. Schließlich weist der Artikel auch darauf hin, dass die Standards der ZMediatAusbV nach deren § 6 durch eine Ausbildung im Ausland unterlaufen werden können. Hierfür ist es bereits ausreichend, wenn das Ausbildungsinstitut seinen Sitz ins Ausland verlegt; die Hürde ist also denkbar niedrig.

Mehr Pflichtpraxisfälle wünschenswert

Der zweite Beitrag stammt aus der Feder des Berliner Rechtsanwalts Michael Plassmann. Er würdigt das Bemühen des Gesetzgebers, die Reputation des Mediationsverfahrens zu stärken. Gleichzeitig attestiert er der ZMediatAusbV auch eine Reihe von Unzulänglichkeiten. So wäre es Plassmann zufolge wünschenswert gewesen, wenn Mediatoren die Zertifizierung nicht schon nach der Mediation eines einzigen Praxisfalls führen könnten. Der zertifizierte Mediator sei nur sinnvoll als eine besondere Qualifikation für erfahrene Mediatoren. Zwar verlange die ZMediatAusbV die Mediation weiterer vier Praxisfälle binnen zwei Jahren nach Abschluss der Ausbildung zum zertifizierten Mediator. Da die Akquise dieser weiteren Fälle aber nicht effektiv kontrolliert werde, sei damit zu rechnen, dass Mediatoren die Zertifizierung auch dann fortführten, wenn sie dies mangels weiterer Praxisfälle eigentlich nicht tun dürften.

ZMediatAusbV als Zertifizierung light

Im Ergebnis hat sich der Verordnungsgeber laut Plassmann für eine Zertifizierung light entschieden, die in mancherlei Hinsicht nachgebessert werden müsse.

„Eine „Zertifizierung light“ … läuft Gefahr, einen Flurschaden für das Image von außergerichtlichen Konfliktlösungsmethoden anzurichten, den gerade ein so effizientes, strukturiertes und nachhaltiges Verfahren wie die Mediation nicht im Ansatz verdient.“

Vor diesem Hintergrund plädiert Plassmann dafür, das für den 1. September 2017 festgelegte Inkrafttreten der ZMediatAusbV zu verschieben. Besser sei es, zunächst die gegenwärtig laufende Evaluation des Mediationsgesetzes abzuwarten und derweil die Verordnung noch einmal zu überarbeiten.

Die beiden Beiträge sind auf den Seiten des Anwaltsblatts kostenfrei online als pdf abrufbar.

Im aktuellen Heft der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM) gibt die Referentin im Bundesjustizministerium Constanze Eicher einen Überblick über die Entstehung der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator. Einige interessante Aspekte ihres Beitrags seien im Folgenden herausgegriffen.

Zielsetzung der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator

Ziel der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator ist es Eicher zufolge, das Berufsbild des Mediators zu stärken und eine qualifizierte Ausbildung für ein komplexes Konfliktlösungsverfahren sicherzustellen. Die nun ergangenen Regeln zum zertifizierten Mediator fußen dabei auf dem Verordnungsentwurf aus dem Jahr 2014. Gleichzeitig suchen sie die vielfältigen Anregungen zu berücksichtigen, die Wissenschaft und Praxis seither formuliert haben. Dies hat naturgemäß zu einigen Änderungen gegenüber dem Vorentwurf der ZMediatAusbV geführt. Eicher erläutert deren Hintergründe und gibt damit einen Anhaltspunkt für die Auslegung der Vorschriften der ZMediatAusbV. Insbesondere das Verhältnis von Präsenzausbildung, Fernunterricht und Selbststudium, aber auch die Auslandsregelung des § 6 ZMediatAusbV werden damit besser verständlich.

Pflichtinhalte können im Selbststudium erarbeitet werden

Dass die endgültige Verordnung zum zertifizierten Mediator im Unterschied zur Entwurfsfassung nunmehr Präsenzausbildungsstunden verlangt, begründet Eicher mit der Notwendigkeit persönlicher Interaktion der Teilnehmer mit den Trainern und untereinander. Mediationsverfahren seien durch spannungsreiche menschliche Beziehungen gekennzeichnet. Deswegen verlange der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 3 ZMediatAusbV praktische Übungen und Rollenspiele. Und deswegen sei auch eine gewisse Präsenzzeit unabdinglich. Gleichzeitig sei eine teilweise Fernausbildung dadurch nicht ausgeschlossen, solange nur der Präsenzteil der Ausbildung 120 Zeitstunden umfasse. Wichtig: Welche der in der Anlage zur ZMediatAusbV vorgesehenen Pflichtinhalte ein Ausbildungsinstitut im Präsenzteil behandelt, kann es Eicher zufolge selbst entscheiden.

„Es dürfte … nicht erforderlich sein, dass sich die 120 Präsenzzeitstunden genau auf die in der Anlage festgelegten Inhalte beziehen. Anbieter eines Fernstudiums können also flexibel entscheiden, welche der in der Anlage zur Verordnung aufgelisteten Ausbildungsinhalte sie in den 120 Präsenzzeitstunden vermitteln wollen und werden sich hierbei wahrscheinlich auf die Vermittlung von Verhandlungs- und Kommunikationstechniken konzentrieren. Die anderen Ausbildungsinhalte, die sich in erster Linie auf die Vermittlung von Wissen beziehen, können dann ausschließlich im Wege des Fernstudiums behandelt werden. Vorstellbar sind hier verschiedene Modelle, etwa ein Fernstudium, in dem die Grundlagen vermittelt werden und das anschließend mit einem mehrwöchigen Präsenzseminar abschließt oder Phasen des Selbststudiums, die durch mehrtägige Präsenzveranstaltungen unterbrochen werden.“

Das bedeutet: Wenn es dem Trainerteam einer Ausbildung an bestimmten – z.B. juristischen – Kompetenzen fehlt, kann es den Ausbildungsteilnehmern zu den entsprechenden Pflichtinhalten durchaus Bücher zu lesen geben. Offen bleibt allein, ob das Selbststudium bzw. dessen Lernerfolg zu prüfen ist oder der Selbstdisziplin der Teilnehmer überlassen bleibt.

Ausbildungsflucht ins Ausland nicht vereitelbar

Schließlich erwähnt Eicher auch, dass das Justizministerium die Gefahr einer Ausbildungsflucht ins Ausland gesehen hat. Nach § 6 ZMediatAusbV kann nämlich derjenige deutlich einfacher zum zertifizierten Mediator werden, der seine Ausbildung im Ausland absolviert. Der Verordnungsgeber war sich dieses Problems bewusst, sah sich aber aus europarechtlichen Gründen zu einer Gleichstellung ausländischer Ausbildungsabsolventen mit den inländischen Altfällen verpflichtet. Die Rechtsfolgen dieser „Diskriminierung inländischer Ausbildungsgänge“ (Greger) für den Bestand der ZMediatAusbV sind einstweilen unklar. Allerdings dürfte es keinen Rechtsmissbrauch darstellen, seine Ausbildung im Ausland zu absolvieren, um sich anschließend im Inland als zertifizierter Mediator zu bezeichnen.

Im Januar 2014 hat das Bundesjustizministerium den Entwurf für eine Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) vorgelegt. Zweieinhalb Jahre später wurde die Endfassung der Verordnung nun im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Am 1. September 2017 wird die ZMediatAusbV in Kraft treten. Im Folgenden eine Übersicht über die acht wichtigsten Änderungen zwischen dem Verordnungsentwurf und der endgültigen Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung.

Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung: Änderungen bei der Mediationsausbildung

Die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung enthält zunächst vier Änderungen bei der Ausbildung von Mediatoren.

  • Der Verordnungsentwurf sah vor, dass zertifizierte Mediatoren über einen berufsqualifizierenden Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums verfügen und  mindestens zwei Jahre beruflich tätig gewesen sein müssen (§ 2 ZMediatAusbV-E). Diese Voraussetzung für die Zertifizierung ist in der Endfassung der Verordnung ersatzlos gestrichen worden.
  • Wie schon der Entwurf so legt auch die Endfassung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung eine Mindestdauer der Mediationsausbildung von 120 Stunden fest. Nunmehr ist allerdings präzisiert, dass es sich um Präsenzzeitstunden handeln muss (§ 2 Abs. 4 S. 1 ZMediatAusbV). Dies ist bemerkenswert, weil Ausbildungsinhalte heute zunehmend online vermittelt werden und es durchaus technische Möglichkeiten gibt, die Aufmerksamkeit der Kursteilnehmer durch automatische Interaktion zu überprüfen.
  • Während der Entwurf der Rechtsverordnung eine Fortbildungspflicht im Umfang von 20 Zeitstunden alle zwei Jahre vorsah (§ 4 Abs. 1 ZMediatAusbV-E), sind es nach der Endfassung nun 40 Zeitstunden alle vier Jahre (§ 3 Abs. 1 ZMediatAusbV). Damit sind auch seltenere, aber intensivere Fortbildungen möglich.
  • Die Anerkennung ausländischer Mediationsqualifikationen wurde in der Endfassung der Rechtsverordnung erheblich vereinfacht. Wenn jemand die Mediationsausbildung im Ausland absolviert, genügt bereits eine Ausbildungsdauer von 90 Zeitstunden (§ 6 ZMediatAusbV). Weil hier im Unterschied zur Inlandsausbildung nicht von Präsenzzeitstunden die Rede ist, müsste hier streng genommen sogar ein im Ausland absolvierter 90-stündiger Online-Kurs genügen, sofern er auch praktische Übungen und Rollenspiele (§ 2 Abs. 3 ZMediatAusbV) umfasst. Die Regelung „erweckt den Eindruck einer Diskriminierung inländischer Ausbildungsgänge“ (so Reinhard Greger auf seinem Schlichtungs-Blog).

Neue Praxiserfordernisse in der ZMediatAusbV

Neben den Anforderungen an die Ausbildung im engeren Sinne finden sich in der Endfassung der ZMediatAusbV auch vier neue Regelungen zur Praxisausbildung und Praxistätigkeit zertifizierter Mediatoren.

  • Die Endfassung der Rechtsverordnung sieht neben dem 120-stündigen Lehrgang eine Einzelsupervision als Pflichtbestandteil der Mediationsausbildung vor.
  • Der Entwurf der Verordnung verlangte von zertifizierten Mediatoren eine Praxistätigkeit von vier Fällen alle zwei Jahre (§ 5 Abs. 1 ZMediatAusbV-E). Die Endfassung verlangt nun, dass vier Fälle bereits in den zwei Jahren nach Abschluss der Ausbildung mediiert werden müssen (§ 4 Abs. 1 ZMediatAusbV). Diese Änderung birgt erhebliche Sprengkraft: Nach der Entwurfsfassung der ZMediatAusbV war es möglich, dass sich jemand nach seiner Mediationsausbildung zunächst einige Jahre lang seine Fallpraxis aufbaut, bevor er bei durchschnittlich zwei Fällen pro Jahr anlangt und sich dann als zertifizierter Mediator bezeichnet. Das geht mit der Endfassung der Verordnung nun nicht mehr. Wer in den zwei Jahren nach Abschluss der Ausbildung drei oder weniger Fälle mediiert hat, muss zumindest nach dem Wortlaut der Verordnung den zeitintensiven und kostspieligen Ausbildungslehrgang erneut absolvieren, um sich zertifizierter Mediator nennen zu dürfen. Wem es bei der Mediationsausbildung nicht um die darin vermittelten Kenntnisse, sondern allein um die Zertifizierung geht, muss insofern mit einer erheblichen Unsicherheit leben.
  • Die Pflicht zur Fortbildung und zur Einzelsupervision gilt auch für die alten Hasen. Die Zweijahresfrist dafür läuft vom 1. September 2017 bis zum 31. August 2019 (§ 7 Abs. 3 ZMediatAusbV).
  • Die umstrittene Pflicht zur Dokumentation von Mediationsfällen (§ 5 Abs. 2 ZMediatAusbV-E) ist in der Endfassung der Rechtsverordnung ersatzlos gestrichen worden.

Zu den einzelnen Regelungen der Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator informieren wir auf einer eigenen Unterseite dieser Homepage.