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Die jüngste Rechtspflege-Statistik des Statistischen Bundesamts zeigt: Die gerichtsinterne Mediation, das sog. Güterichterverfahren, verharrt auf niedrigem Niveau, auch wenn die Gesamtzahl der erledigten zivilrechtlichen Fälle – augenscheinlich bedingt durch den VW-Abgasskandal – zum ersten Mal im 21. Jahrhundert wieder zugenommen hat.

Gerichtstinterne Mediation: Stabile Zahlen auf niedrigem Niveau

Die Justizstatistik weist für das Jahr 2019 13.588 erledigte Streitigkeiten aus, die einen Verweis ins Güterichterverfahren erlebt haben. Nach mehreren Jahren eines deutlichen Rückgangs ist diese Zahl nun kaum geringer als im Vorjahr, eine Trendumkehr ist allerdings bislang nicht zu erkennen. Wie in den Vorjahren verweisen Landgerichte in der Erstinstanz ungefähr dreimal so häufig in die gerichtsinterne Mediation wie die Amtsgerichte. Insgesamt ist die Verweisquote (Anteil der Streitigkeiten mit Verweis zur Güterichterin) aber gegenüber dem Vorjahr um nochmals 5% gesunken; sie liegt jetzt erstmals unter 1%. Noch nicht einmal jeder hundertste Fall schafft es also in die richterliche Mediation.

Overperformer und Underperformer

An der Spitze der mediationsverweisfreudigen Länderjustizen zieht Mecklenburg-Vorpommern weiter einsame Kreise. Dort haben die Gerichte ihre Verweisquote in 2019 noch einmal deutlich von 5,2% auf 5,8% gesteigert. Mit einigem Abstand folgt die Ziviljustiz in Schleswig-Holstein, die ihre Verweisquote immerhin von 3,4% auf 3,5% steigerte. Auch die Berliner Justiz erhöhte ihre Verweisquote deutlich von 0,9% in 2018 auf 1,1% in 2019. Im Vorjahresvergleich deutlich weniger verweisfreudig zeigten sich demgegenüber das Saarland (von 1,6% in 2018 auf 1,3% in 2019) und das eigentlich so mediationsaffine Niedersachsen. In Niedersachsen ging die Verweisquote in allen OLG-Bezirken zurück, besonders aber beim Spitzenreiter in Braunschweig (von 3,7% in 2018 auf 2,3% in 2019). Die Erledigungs- und Vergleichsquote hielten sich 2019 ziemlich stabil und liegen deutschlandweit 2019 bei 47% (2018: 46%) bzw. 36% (2018: 36%). Besonders erledigungsfreundlich waren die Gerichte in den OLG-Bezirken Karlsruhe (76%) und München (71%) sowie im Stadtstaat Bremen (75%). Demgegenüber wirkte das Güterichterverfahren andernorts kaum befriedend: Insbesondere in den OLG-Bezirken Stuttgart (18%) und Zweibrücken (5%) ließen sich durch die gerichtsinterne Mediation kaum Fälle erledigen.

Download der Güterichterstatistik 2014-2019

Die komplette Güterichterstatistik der Jahre 2014 bis 2019 steht hier zum freien Download zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

 

Ende 2020 ist ein kleines Handbuch zur Supervision für Mediatorinnen und Mediatoren aus der Feder von Oliver Sporré erschienen. Was gibt es darin zu lesen?

Grundlagen der Supervision für Mediatorinnen und Mediatoren

Der Begriff der Supervision bezeichnet die Reflektion eines Praxisfalls gemeinsam mit einer externen Person. Mediatoren ist der Begriff spätestens geläufig, seit die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) in ihren § 2 Abs. 2 und 5 und § 4 Einzelsupervisionen als Voraussetzung für die Bezeichnung als zertifizierte Mediatorin vorsieht. Während der Supervisionsbegriff der ZMediatAusbV sehr offen ist, so dass man dafür auch ein 10-minütiges Telefongespräch genügen lassen muss, versucht nun Oliver Sporré die Möglichkeiten und den Nutzen einer Supervision für Mediatorinnen und Mediatoren besser auszuleuchten. Die sieben Kapitel des 55-seitigen Buches erläutern die Grundlagen der Supervision, gesetzliche Regelungen der Supervision für Mediatoren, den Nutzen der Supervision für Mediatoren, mögliche Themen für eine Supervision, Haltungen der Supervisorin und der Mediatoren in der Supervision, den Ablauf einer mediationsanalogen Supervision sowie die Methodenvielfalt in der Supervision. Dabei behandelt Sporré nicht nur die Einzelsupervision, sondern gibt auch Anleitungen zur Gestaltung von Gruppensupervisionen. Nach der Lektüre dieser umfassenden Inhalte bleiben kaum noch Fragen offen.

Was bringt die Supervision?

Das Buch zur Supervision für Mediatorinnen und Mediatoren ist als eBook zum Preis von € 4,48 sowie in der Papierversion zum Preis von € 14,99 erhältlich. Für wen ist diese Investition sinnvoll? Auch gut drei Jahre nach der Einführung des zertifizierten Mediators ist die Zahl der praktisch tätigen Mediatorinnen, die diese Bezeichnung tatsächlich nutzen, durchaus überschaubar. Die klare Botschaft von Oliver Sporré lautet freilich: Supervision ist kein Selbstzweck und keine bloße Formalie auf dem Weg zur Zertifizierung. Vielmehr ist es ganz grundsätzlich sinnvoll für eine Verbesserung der eigenen Konfliktmanagementfähigkeiten, wenn man Praxiserfahrungen systematisch reflektiert. Damit reicht der Nutzen des Buches weit über die Mediation hinaus. Das entspricht auch dem Hintergrund des Autors: Oliver Sporré ist nämlich hauptberuflich nicht Mediator, sondern Richter.

Oliver Sporré ist  Direktor des Amtsgerichts im niedersächsischen Bersenbrück. Bereits 2009 hat er dort die gerichtsinterne Mediation eingeführt. Das ist keine Mediation in Reinkultur, sondern es handelt sich – wie Sporré selbst sagt – um Einigungsgespräche im Umfang von 2-3 Stunden. Seine Rolle als Mediator in diesen Verhandlungen hat er einmal sprechend als „Hebamme für den Vergleich“ bezeichnet.

Die Mediatorin oder Güterichterin als Zeugin über den Gegenstand der Vergleichsverhandlungen? Das klingt nach einer reichlich akademischen Materie. In der Praxis kommt es aber durchaus vor – und stellt die Beteiligten gehörig auf die Probe. Worum geht es genau?

Ein Fall aus der Praxis

Ein Beispiel: Im Rahmen eines Güterichterverfahrens gelingt es der Güterichterin, die Parteien durch die Anwendung mediativer Methoden zu einem Vergleich zu lotsen. Im verfahrensrechtlichen Sinne handelt es sich um einen Prozessvergleich. Darin verpflichtet sich die beklagte Gesellschafterin dazu, ihre Zustimmung zum Start eines bestimmten Projekts zu erteilen. Als die Klägerin dies wenig später von der Beklagten einfordert, will diese von der Einigung nichts mehr wissen. Daraufhin leitet die Klägerin das Vollstreckungsverfahren ein. Dagegen wehrt sich die Beklagte mit dem Einwand, die im Vergleich vorgesehene Zustimmung sei ganz anders zu verstehen gewesen. Das könne die im Ausgangsverfahren tätige Güterichterin auch bestätigen. Die Güterichterin und die ihr vorgesetzte Gerichtspräsidentin fragen sich nun, ob erstere über den Inhalt der Güteverhandlung Zeugnis ablegen darf.

Wie öffentlich ist das Güterichterverfahren?

Wer sich einmal mit dem Recht der Mediation beschäftigt hat, denkt hier zunächst an § 4 MediationsG. Danach hat eine Mediatorin im Grundsatz Verschwiegenheit zu bewahren über das, was sie im Rahmen der Mediation gehört hat. Die Crux daran: Bei der richterlichen Mediation alias Güterichterverfahren nach § 278 Abs. 5 ZPO handelt es sich nicht um eine Mediation im Rechtssinne. Das Mediationsgesetz findet daher keine Anwendung. Im Gegenteil: Das Güterichterverfahren ist Teil eines Zivilprozesses, der nach § 169 GVG grundsätzlich unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet. Auch hier muss man aber näher hinsehen: Die Öffentlichkeit schaut nur in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu. Die Güterichterin ist aber gerade nicht die im Rechtssinne erkennende Streitrichterin, das Güterichterverfahren ist also nicht-öffentlich. Ist das Grund genug, von der Güterichterin Stillschweigen zu verlangen?

Sichere Aussageverweigerung nur mit Parteivereinbarung

Um die Güterichterin von ihrer Aussage abzuhalten, gibt es drei Möglichkeiten, die nicht gleichermaßen hieb- und stichfest sind:

  1. In Betracht kommt das Recht zur Zeugnisverweigerung aus persönlichen Gründen nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Dieser Weg ist aber heikel, weil sich die Juristen streiten, ob man den Inhalt einer Güteverhandlung als Tatsachen einordnen kann, deren Geheimhaltung durch ihre Natur geboten ist. Selbst wenn man das so sieht, ist ein Recht zur Zeugnisverweigerung noch keine Pflicht, man ist insofern darauf angewiesen, dass die Güterichterin nicht aussagen möchte.
  2. Die zweite Möglichkeit, eine Aussage der Güterichterin zu verhindern, ist die Berufung auf deren Amtsverschwiegenheit nach § 376 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 67 Abs. 3 BBG. Allerdings kann die Gerichtspräsidentin die Güterichterin hiervon entbinden, insofern sind die Parteien von deren Entscheidung abhängig.
  3. Der dritte und sicherste Weg , eine Aussage zu verhindern, liegt darin, dass die Parteien bereits vor Beginn des Güterichterverfahrens vereinbaren, die Güterichterin in einem etwaigen Folgeprozess nicht als Zeugin zu benennen. Dieser sog. Prozessvertrag ist dann im Folgeprozess bindend. Ein Beweisangebot, das die Güterichterin als Zeugin benennt, darf dann von Vornherein keine Beachtung finden.

Das Fazit für die anwaltliche Begleitung im Güterichterverfahren lautet also: Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, muss schon vor Beginn des Güterichterverfahrens bei der Gestaltung der Mediationsvereinbarung aufpassen!

Das Statistische Bundesamt hat die Justizstatistik für das Jahr 2018 veröffentlicht. Die Zahlen zeigen: Das 2012 gleichzeitig mit dem Mediationsgesetz eingeführte Güterichterverfahren nach § 278 Abs. 5 ZPO befindet sich weiterhin auf dem Rückzug. Die Güterichterstatistik 2018 (xlsx) offenbart aber auch erhebliche regionale Unterschiede bei Nutzung und Erfolg dieses Verfahrens.

Einer von hundert Fällen wird richterlich mediiert

Die Statistik der Zivilgerichte zeigt seit etwa 20 Jahren einen Abwärtstrend. Alljährlich sinken die Fallzahlen im Vorjahresvergleich um ungefähr 2%. Nach einer deutlichen Beschleunigung dieser Entwicklung in den Jahren 2016 und 2017 hat sich der Prozessschwund 2018 – womöglich unter dem Einfluss des VW-Abgasskandals – wieder annähernd auf das vorige Niveau abgebremst. Die Zahl der in 2018 erledigten Zivilverfahren ging um 2,6% auf 1,35 Mio. Fälle zurück. Deutlich stärker fiel der Rückgang bei den Verweisen ins Güterichterverfahren aus: Hier sank die Fallzahl von 2017 auf 2018 um 7,7% auf 13.700 Verfahren. Binnen vier Jahren hat sich die Zahl der Verweise ins Güterichterverfahren damit fast halbiert. 2018 erfolgte nur noch in einem von hundert Fällen (1,04%) ein Verweis an eine Güterichterin oder einen Güterichter. Erledigungs- und Vergleichsquote blieben dabei einigermaßen stabil bei 46% bzw. 36%.

Landgerichte in erster Instanz mediationsfreundlich

Wie schon in den vergangenen Jahren findet das Güterichterverfahren den größten Anklang in der ersten Instanz beim Landgericht. Hier erfolgen Verweise etwa dreimal so häufig wie bei den Amtsgerichten. Ähnlich niedrig sind die Verweisquoten in Berufungssachen vor dem Landgericht und bei den Oberlandesgerichten, hier ist die Tendenz aber steigend. Für die Amtsgerichte schlüsselt das Statistische Bundesamt die Zahlen nach Rechtsbereichen auf. Daraus ergibt sich, dass Fälle aus dem Bau- und Architektenrecht (1,3%), in Nachbarschaftsangelegenheiten (4,0%) und in Wohnungseigentumssachen (1,5% bzw. 2,3% bei Klagen Dritter) vergleichsweise häufig in die gerichtsinterne Mediation wechseln. Demgegenüber findet das Güterichterverfahren eine überraschend geringe Resonanz in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten (Verweisquote von 0,3% gegenüber 1,1% in 2017, allerdings auf Basis insgesamt geringer Fallzahlen).

VW-Gerichtsbezirk macht das Rennen

Bemerkenswert sind schließlich regionale Auffälligkeiten bei der Nutzung des Güterichterverfahrens. Das erste Interesse des Branchenkenners gilt dabei naturgemäß dem Wettbewerb der niedersächsischen OLG-Bezirke: Hier setzt sich das OLG Braunschweig mit einer Verweisquote von 3,7% (Vorjahr: 3,1%) an der Spitze fest und verweist die Oberlandesgerichte in Oldenburg (2,4%) und Celle (1,8%) auf die Plätze. Viel Bewegung gibt es an der Ostsee: Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet einen weiter starken Anstieg der Fallzahlen. Nach 2,6% in 2016 und 4,1% in 2017 hat bei den 2018 erledigten Zivilverfahren in beachtlichen 5,2% der Fälle ein Verweis vor den Güterichter stattgefunden. Auf deutlich niedrigerem Niveau haben sich die Güterichterverweise im Bezirk des OLG Koblenz mehr als verdoppelt (von 71 auf 153 Fälle). Demgegenüber ist im Saarland etwas Ernüchterung eingetreten: Nach dem Höhenflug 2017 ist die Verweisquote 2018 von 2,4% wieder auf 1,6% abgesackt. Deutlicher noch ist der Rückgang der Fallzahlen in Thüringen, wo sich die Zahl der Güterichterverfahren nahezu halbiert hat (von 151 auf 86).

Stuttgarter Streitfreude…

Einen geradezu atemberaubenden Sprung nach unten macht das Güterichterverfahren im Bezirk des OLG Stuttgart: Hier erfolgen Verweise ins Güterichterverfahren nur noch in 0,11% der Fälle (gegenüber 0,42% in 2017). Offenbar sind die Erfahrungen mit der gerichtsinternen Mediation hier auch besonders mäßig: Im Bezirk des OLG Stuttgart erledigt sich nur jeder vierte Fall (25,6%) nach Einschaltung des Güterichters und nur in jedem sechsten Fall (16,3%) kommt es zu einem Vergleich. Ähnlich gering sind die Erfolgsaussichten nur in Berlin, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Bei den baden-württembergischen Nachbarn in Karlsruhe ist das ganz anders: Auch hier liegt die Vergleichsquote bei niedrigen 17,4%, die Quote der (sonstigen) Erledigungen nach Einschaltung eines Güterichters erreicht aber mit 73,0% den bundesweiten Spitzenwert. Bemerkenswert ist, dass gute Erfolgsaussichten nicht immer mit einer starken Nutzung des Güterichterverfahrens korrelieren. So gibt es in Bayern, Bremen und Thüringen weit weniger Güterichterverfahren als im Durchschnitt, obwohl die Erledigungs- und Vergleichsquoten hier außerordentlich hoch sind.

Download der Güterichterstatistik 2014-2018

Die komplette Güterichterstatistik der Jahre 2014 bis 2018 steht hier zum freien Download zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Das Statistische Bundesamt hat die Justizstatistik 2017 veröffentlicht. Daraus geht hervor: Der Rückgang der Fallzahlen setzt sich auf dem hohen Niveau des Vorjahres fort. Auch bei den Güterichterverfahren (gerichtsinterne Mediation) gibt es Schwund. Die Güterichterstatistik 2017 (xlsx) zeigt aber auch deutliche regionale Unterschiede.

Justizstatistik 2017: Prozesschwund vor allem beim Amtsgericht

Der Blick auf die Justizstatistik zeigt: Die Fallzahlen haben 2017 weiter abgenommen. Dabei hat sich der seit 20 Jahren bestehende Trend eines alljährlichen Rückgangs um ca. 2% seit 2016 drastisch verschärft. Auf 7% Rückgang in 2016 folgten 2017 noch einmal 6% weniger Verfahren. Bemerkenswert ist, dass die Amtsgerichte die mit Abstand größten prozentualen Verluste verkraften müssen. Die Zahl der erledigten Fälle liegt dort 2017 erstmals deutlich unter einer Million. Damit haben die Amtsgerichte binnen zehn Jahren mehr als ein Viertel ihrer Fälle verloren. Reformüberlegungen zur Steigerung der Attraktivität der Justiz gibt es allerdings überwiegend nur für die Obergerichte. Hier diskutiert man – mit guten Gründen – z.B. die Einrichtung von Spezialkammern und die Verfahrensführung in englischer Sprache. Die Justizstatistik zeigt aber eben auch Handlungsbedarf im Bereich der geringwertigen Streitigkeiten. Ziel ist dabei nicht ein „kurzer Prozess“, sondern effektiver Rechtsschutz. Mehr Mut zur Digitalisierung der Justiz dürfte dabei kaum schaden.

Güterichterstatistik 2017: Gerichtsinterne Mediation weiter auf dem Rückzug

Was sagt die Justizstatistik über die Entwicklung des Güterichterverfahrens? Auch hier setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort. Insgesamt fand bei 1,1% der erledigten Fälle eine Verweisung ins Güterichterverfahren statt. Das ist wiederum etwas weniger als in den Vorjahren. Besonders augenfällig wird das im Dreijahresvergleich der absoluten Zahlen: Während 2014 noch knapp 25.000 Fälle im Güterichterverfahren landeten, waren es 2017 nur noch knapp 15.000 Fälle. Dabei ist die Verweisungsquote weiterhin bei den Amtsgerichten deutlich geringer (0,8% ggü. 1,0% in 2016) als bei den Landgerichten (2,0% ggü. 1,9% in 2016). Während sich in den Vorjahren jeder zweite Fall vor dem Güterichter erledigte, waren dies in 2017 nur noch 45%. Dafür kam es häufiger zu einer Erledigung per klassischem Vergleich (40% ggü. 35% in 2016).

Wenig Mediationsfreude in der Hauptstadt

Die Nutzung des Güterichterverfahrens und die darin erzielten Ergebnisse sind auch weiterhin von großen regionalen Unterschieden geprägt. Ein besonderes Faible für das Güterichterverfahren haben traditionell die Richter an der Wiege der gerichtsinternen Mediation: Im Weinland Niedersachsen wandern 2,4% aller Fälle ins Güterichterverfahren. Das Saarland liegt 2017 erstmals gleichauf. Einen gewaltigen Sprung auf hohem Niveau gab es in Mecklenburg-Vorpommern: Hier hat 2017 in satten 4,1% der erledigten Fälle ein Güterichterverfahren stattgefunden (Vorjahr: 2,6%). Wenig Lust auf die gerichtsinterne Mediation hat man demgegenüber offenbar in der Hauptstadt: In Berlin fiel die Verweisquote von 2,6% auf 1,0%, in Brandenburg von 0,8% auf 0,5%. Zumindest in Berlin ist dieser Rückgang mit schlechten Erfahrungen erklärbar, denn hier führt das Güterichterverfahren nur in jedem fünften Fall zu einer Einigung. Ähnlich schwach sind die Vergleichsquoten nur in Rheinland-Pfalz und Thüringen. Hier finden Verweise ins Güterichterverfahren ebenfalls nur selten statt, nämlich in 0,6% der Fälle.

Download der Güterichterstatistik 2014-2017

Die komplette Güterichterstatistik der Jahre 2014 bis 2017 steht hier zum freien Download zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Güterichterstatistik 2017 (xlsx)
Güterichterstatistik 2016 (xlsx)
Güterichterstatistik 2015 (xlsx)
Güterichterstatistik 2014 (xlsx)

Seit inzwischen über fünf Jahren ist die gerichtsinterne Mediation als so genanntes Güterichterverfahren in § 278 Abs. 5 ZPO geregelt. Seit einigen Jahren erfasst das Statistische Bundesamt auch Zahlen zum Güterichterverfahren. Nach den Statistiken der Jahre 2014 und 2015 lässt sich auf Grundlage dieser Zahlen nunmehr auch die Güterichterstatistik 2016 (xlsx) erstellen.

Güterichterstatistik 2016: OLG Celle gewinnt 30 Flaschen Rotwein

Die Güterichterstatistik 2016 zeigt keine gravierenden Unterschiede zur Vorjahresbilanz. Wie schon im Vorjahr wurden auch 2016 1,2% der erledigten Fälle aus dem Streitverfahren ins Güterichterverfahren überwiesen. Bei Amtsgerichten sind es unverändert 1,0%, bei den Landgerichten weiterhin 1,9%. Die Erledigungsquote im Güterichterverfahren liegt im Schnitt stabil bei 50%. Dabei gibt es durchaus große Unterschiede zwischen den einzelnen OLG-Bezirken: Fälle, die ins Güterichterverfahren verwiesen wurden, erledigen sich in Bremen, Bamberg und München in ungefähr zwei von drei Fällen, während sich in Hessen nur gut einer von drei Fällen vor dem Güterichter abschließen lässt. Interessant ist auch der Ausgang des Niedersächsischen Wettbewerbs um 30 Flaschen Rotwein: Das Oberlandesgericht Celle hat mit weitem Abstand die Nase vorn und kann den Präsidenten des OLG Braunschweig nunmehr auf Lieferung in Anspruch nehmen.

Hintergrund: Stark sinkende Fallzahlen in der Ziviljustiz

Der Blick in die Justizstatistik offenbart auch bemerkenswerte Entwicklungen in der streitigen Ziviljustiz. Die Fallzahlen dort waren seit Beginn des 21. Jahrhunderts pro Jahr um etwa 2% gesunken. Einzelne Gerichte meldeten im Frühjahr 2017 bereits eine deutliche Verschärfung des Prozessschwunds. Diese Entwicklung lässt sich nun auch auf Bundesebene überaus deutlich beobachten: Die Zahl der erledigten Verfahren schnellte 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 7%, bei den Amtsgerichten sogar um 9% nach unten. Auch die Zahl der Güterichterverfahren nahm im selben Maße ab. Offenbar werden die Fälle aber gleichzeitig komplexer, denn zumindest an einigen Gerichten sind trotz des Prozessschwunds erhebliche Überlastungsphänomene zu beobachten. So terminiert etwa das Landgericht Cottbus aktuell Verhandlungstermine erst für Sommer 2019 und weist dabei unmissverständlich auf eine übermäßige Arbeitsbelastung hin:

„Ein früherer Termin kommt leider nicht in Betracht. Die […] Zivilkammer ist austerminiert bis kurz vor dem nun bestimmten Termin. Die Kammer ist überlastet. Der derzeitige Aktenbestand liegt seit Jahren bei über 600 Sachen, seit Ende 2016 bei über 700 Sachen. Eine Entlastung der Kammer durch andere Kammern ist für 2017 in der Weise beschlossen, dass die anderen Zivilkammern der […] Zivilkammer genau 40 Sachen abnehmen. … Von Sachstandsanfragen und der Bitte um Vorverlegung des Termins bitte ich abzusehen.“

Rechtsanwälte: Pflicht zur Verfahrenswahlberatung

Welche Folgen die Personalengpässe der Ziviljustiz für das Vertrauen in den Rechtsstaat haben, ist gegenwärtig kaum absehbar. Für Rechtsanwälte resultiert aus dieser Sachlage jedenfalls eine umso dringlichere Pflicht, mit ihren Mandanten noch vor der Klageerhebung das Für und Wider von Alternativen zum Gerichtsverfahren eingehend zu erörtern. Eine außergerichtliche Mediation lässt sich häufig mit einem Vorlauf von wenigen Wochen terminieren und dann binnen weniger Tage abschließen.

Die ausführliche Güterichterstatistik 2016 steht hier zum kostenlosen Download (xlsx) zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Im Anschluss an die Güterichterstatistik 2014 stellen wir hier die neue Güterichterstatistik 2015 (xlsx) aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur gerichtsinternen Mediation vor. Nachdem das Güterichterverfahren 2014 erstmals von der Statistik des Statistischen Bundesamts erfasst wurde, zeigt sich nun schon eine erste Entwicklung im Vorjahresvergleich.

Erledigungsquote bei gut 50%, Vergleichsquote über 30%

Die Güterichterstatistik 2015 lässt zunächst erkennen, dass in einer gerichtsinternen Mediation ganz erhebliche Einigungschancen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit, einen Konsens zu erzielen, ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch etwas gestiegen. In gut der Hälfte der Fälle führt die Verhandlung vor dem Güterichter zu einer Erledigung des Verfahrens (50,3% ggü. 48,6% im Vorjahr). In 31,5% (Vorjahr: 29,5%) der Fälle geschieht dies durch den Abschluss eines Vergleichs. Dass die Vergleichsquote deutlich hinter der Erledigungsquote zurückbleibt, erklärt sich dadurch, dass sich die Beteiligten nicht selten vor dem Güterichter auf die Rücknahme der Klage oder ein Anerkenntnis verständigen, ohne dass dies formal als Vergleich protokolliert wird.

Güterichterstatistik 2015: Deutlich weniger Verweise ins Güterichterverfahren

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Verweise in das Güterichterverfahren 2015 im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesunken ist. Während 2014 knapp 25.000 Fälle in der gerichtsinternen Mediation landeten, sank diese Zahl 2015 um 23% auf kaum mehr als 19.000 Fälle. Die Amtsgerichte verwiesen 2015 1,0% (Vorjahr: 1,5%) ihrer Streitverfahren vor den Güterichter, vor den Landgerichten erfolgte der Verweis nach § 278 Abs. 5 ZPO in 2,1% (Vorjahr: 2,3%) der erstinstanzlichen Verfahren. Auch die Verweisquote in landgerichtlichen Berufungsverfahren (0,3%, Vorjahr: 0,6%) sowie vor den Oberlandesgerichten (0,6%, Vorjahr: 0,9%) ist erheblich gesunken. In den verschiedenen Bundesländern fiel der Rückgang der Verweise ins Güterichterverfahren unterschiedlich stark aus. Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verzeichnen einen Rückgang der Verweise um ein Viertel. In Baden-Württemberg und Bremen wurden mehr als ein Drittel weniger Verweise ausgesprochen. Sachsen-Anhalt und Thüringen kamen 2015 auf kaum mehr als die Hälfte der Verweiszahlen aus 2014. Und in Hamburg und Rheinland-Pfalz ging die Zahl der Verweise gar um etwa zwei Drittel zurück. Allein Niedersachsen verzeichnet eine moderate Steigerung, die sich in 2016 aufgrund des dort angestoßenen Wettbewerbs um mehr Güterichterverfahren weiter fortsetzen dürfte.

Die ausführliche Güterichterstatistik steht hier zum kostenlosen Download (xlsx) zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Der Güterichter-Blog von Professor Dr. Reinhard Greger macht auf die aktuellen Fallzahlen des Statistischen Bundesamts aufmerksam, das seit 2014 auch die gerichtsinterne Mediation (sog. Güterichterverfahren) gesondert ausweist.

Jedes zweite Güterichterverfahren führt zur Streiterledigung

Zur Regelung der außergerichtlichen Mediation ist 2012 das deutsche Mediationsgesetz in Kraft getreten. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber auch die gerichtsinterne Mediation in § 278 Abs. 5 ZPO verankert. Die amtlichen Zahlen weisen für das Jahr 2014 knapp 25.000 Güterichterverfahren an deutschen Gerichten aus. Während die Erfolgschancen der außergerichtlichen Mediation mit ungefähr 75-80% beziffert werden (siehe etwa Steffek, ZEuP 2013, 528, 531), liegen die Vergleichschancen im Güterichterverfahren deutlich darunter: In etwa der Hälfte dieser Verfahren lässt sich die Streitigkeit durch das Güterichterverfahren erledigen; in knapp 30% der Güterichterverfahren schließen die Parteien einen Vergleich. Diese Zahlen variieren zwischen den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten geringfügig, aber nicht in statistisch signifikantem Ausmaß. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Erledigungschancen beim Landgericht auf 35% zurückfallen, wenn sich die Parteien bereits in der Berufungsinstanz befinden. Ohnehin wird man in der Berufung seltener ins Güterichterverfahren verwiesen. Gewisse Unterschiede lassen sich ferner mit Blick auf die Streitmaterie ausmachen: Tendenziell besser sind die Streiterledigungschancen bei einem Güteverfahren im Bereich der Nachbarschaftssachen (60%) und in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten (69%), tendenziell geringer sind sie in Wohnungseigentumssachen (37%).

Wo spielt das Güterichterverfahren eine Rolle?

Weil die Amtsgerichte mit ihren ca. 1,1 Mio. jährlich erledigten Verfahren den Löwenanteil der Gerichtsverfahren bewältigen, gibt es hier natürlich auch die meisten gerichtsinternen Mediationen. In knapp 1,5% der im Jahr 2014 erledigten Fälle verwies der Streitrichter die Parteien an einen Güterichter. Auch wenn die absoluten Fallzahlen geringer sind, verweist das Landgericht die Beteiligten wesentlich häufiger, nämlich in knapp 2,1% aller Fälle, in das Güterichterverfahren. Noch wesentlich deutlichere Unterschiede ergeben sich, wenn man sich die Statistiken der einzelnen Bundesländer anschaut. Die Gerichte in Bayern und Hessen sind am skeptischsten gegenüber der gerichtsinternen Mediation: Bayerische Amtsgerichte verweisen nur 0,2% und bayerische Landgerichte nur 0,6% ihrer Verfahren vor den Güterichter, in Hessen liegen diese Werte bei 0,4% (Amtsgerichte) und 0,1% (Landgerichte). Extrem mediationsfreudig sind die Gerichte hingegen in Berlin: Hier landen 4,3% aller amtsgerichtlichen und 5,8% aller landgerichtlichen Fälle vor dem Güterichter. Auffällige Unterschiede zwischen Amts- und Landgerichten innerhalb eines Bundeslandes ergeben sich in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen: Die Amtsgerichte beider Länder befinden sich mit ihren Verweisen ungefähr im Bundesdurchschnitt (MV: 1,0%, Nds.: 1,7%), die Landgerichte beider Länder verweisen allerdings außerordentlich häufig in das Güterichterverfahren (MV: 8,6%, Nds.: 5,0%). Namentlich im Falle Niedersachsens kommt dies vermutlich nicht von ungefähr: Der Präsident des OLG Braunschweig rief dort unlängst einen Wettbewerb unter den drei niedersächsischen OLG-Bezirken um die meisten Güterichterverfahren im Jahr 2016 aus.

Die Statistik für die zivilgerichtliche Rechtspflege 2014 ist auf der Webseite des Statistischen Bundesamtes in den Formaten pdf und xlsx abrufbar.

Update: Eine spezielle Güterichterstatistik im Format xlsx steht nun auch auf dieser Seite zum kostenfreien Download zur Verfügung.

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Mediationsgesetzes 2012 wurde die gerichtsinterne Mediation als sog. Güterichterverfahren in § 278 Abs. 5 der Zivilprozessordnung verankert. Danach können die klassischen Streitrichter nunmehr Streitigkeiten an einen speziellen Güterichter verweisen, der sich in einem informalen Treffen mit den Parteien darum bemüht, den Streit einvernehmlich beizulegen. Ungefähr zwei von drei Güterichterverfahren enden mit einem Vergleich. Im Jahr 2013 zählte die Statistik (pdf) über 6.000 solcher Verfahren vor den Zivilgerichten. Dies wird allerdings bisweilen als unbefriedigend empfunden, weil die Fallzahlen der Güterichterverfahren im Vergleich zum streitigen Gerichtsverfahren immer noch verschwindend gering sind; bei den Landgerichten etwa machte die gerichtsinterne Mediation 2013 kaum mehr als 1% aller Zivilverfahren aus.

Wettbewerb um die meisten Güterichterverfahren

Zur Förderung des Güterichterverfahrens greift nun der neue Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig zu unkonventionellen Mitteln. Dem Güterichter-Blog von Professor Reinhard Greger zufolge rief er bei einem Treffen der niedersächsischen Güterichter einen Wettbewerb der drei niedersächsischen Oberlandesgerichtsbezirke Braunschweig, Celle und Oldenburg darum aus, welcher von ihnen im Jahr 2016 die meisten Güterichterverfahren durchführen werde. Als Gewinnprämie setzte er 30 Flaschen Rotwein aus. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Initiative Resonanz findet oder womöglich in anderen Bundesländern aufgegriffen wird. Insbesondere in Niedersachsen, das sich als Vorreiter für die gerichtsinterne Mediation begreift, sind die Ziele durchaus ehrgeizig. So äußerte etwa der Vizepräsident des Landgerichts Hannover, er wolle „eine Zielmarke von 10 Prozent an Güteverfahren erreichen“ (HAZ v. 9. Juli 2015, S. 15). In Anbetracht dessen, dass sich bestimmte Falltypen wie der vorläufige Rechtsschutz kaum für das Güterichterverfahren eignen, dürfte die gerichtsinterne Mediation bei einer Realisierung dieser Ziele endgültig zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für das streitige Gerichtsverfahren aufsteigen.

Ein Beitrag von Professor Mordehai Moti Mironi von der Universität Haifa in der aktuellen Harvard Negotiation Law Review beschäftigt sich mit Unterschieden zwischen einer Mediation und einer Vergleichsverhandlung. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Mediation in Israel in den vergangenen Jahrzehnten warnt Mironi vor einer Vermischung beider Methoden, um eine erfolgreiche Anwendung des Mediationsverfahrens nicht zu gefährden.

Grundlegende Unterschiede zwischen Mediation und Vergleichsverhandlung

In seinem Beitrag stellt Mironi eine Reihe fundamentaler Unterschiede zwischen Mediation und Vergleichsverhandlungen heraus: Vergleichsverhandlungen seien im Wesentlichen Sache der beteiligten Rechtsanwälte, während laut Mironi in einer Mediation die – anwaltlich durchaus beratenenen – Parteien im Vordergrund stehen, weil sie selbst am besten wissen, was gut für sie ist. In Vergleichsverhandlungen kreise das Gespräch um Sachverhalte aus der Vergangenheit und deren rechtliche Bewertung; in einer Mediation gehe es hingegen um die Interessen der Beteiligten in der Zukunft. Infolgedessen sei ein Mediationsvergleich häufig wertschöpfend und bedeute eine Weiterentwicklung der (Geschäfts-) Beziehung zwischen den Beteiligten. Demgegenüber müssten Vergleichsverhandlungen in der Regel vor allem schnell erledigt sein; in der Eile bleibe aber keine Zeit für echte, interessenorientierte Verhandlungen.

Entwicklung der Mediation in Israel

Vor dem Hintergrund dieser grundlegenden Unterschiede zwischen einer Mediation und einer Vergleichsverhandlung skizziert Mironi dann die jüngste Geschichte der Mediation in Israel. Dabei beschreibt er Israel zunächst als eine sehr klagefreudige Gesellschaft, deren Justiz eher knapp ausgestattet und damit tendenziell überlastet ist. 1992 wurde die Mediation per Gesetz in das israelische Zivilverfahren eingeführt; ungefähr gleichzeitig begannen Universitäten mit einer Anpassung ihrer Ausbildung im Hinblick auf die alternative Streitbeilegung. Ab 1998 wurde die Mediation angeführt durch den obersten Richter Aharon Barak politisch noch einmal deutlich stärker gefördert. In dieser Zeit gründeten sich viele Mediationszentren und Initiativen zur Unterstützung von Mediationsverfahren. Seit 2004 sei dann aber ein Niedergang der Mediation zu beobachten: Für die Gerichtsverwaltungen habe seitdem die zügige Bearbeitung offener Verfahren höchste Priorität, dadurch sei der verfahrensbeendigende Vergleich zum Selbstzweck geworden. In diesem Zuge habe sich der Fokus dann auch von der außergerichtlichen oder gerichtsnahen auf die gerichtsinterne Mediation verschoben, die wiederum ihren Namen nicht verdiene, weil sie – anders als die echte Mediation – nicht ein Instrument für sozialen und kulturellen Wandel, sondern allenfalls eine besondere Form von Vergleichsverhandlungen sei.

Lehren für die Mediation in Deutschland

Mironi zufolge zeigen Aufstieg und Niedergang der Mediation in Israel, wie wichtig begriffliche Klarheit bei unterschiedlichen Formen der Konfliktlösung sind. Gleichzeitig sei es von großer Bedeutung, die Rollen unterschiedlicher Institutionen für die Mediation zu klären, um das Verfahren nicht zu zweckentfremden. Diese Schlussfolgerungen könnten in der Tat auch für die Mediation in Deutschland bedeutsam sein, denn es deutet sich an, dass hierzulande eine ähnliche Entwicklung mit einiger zeitlicher Verzögerung stattfindet; so erfolgte etwa die Einführung der gerichtsinternen Mediation bzw. des Güterichterverfahrens durch das Mediationsgesetz 2012 etwa 20 Jahre nach der entsprechenden Gesetzgebung in Israel.

Der Beitrag von Professor Mironi ist in Band 19 der Harvard Negotiation Law Review (2014) auf den Seiten 173-211 erschienen. Er ist online als pdf abrufbar.