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Am heutigen Tag wurden die Änderungen der Regeln für zertifizierte Mediatoren (ZMediatAusbV) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Neufassung der Verordnung tritt am 1. März 2024 in Kraft. Was ist neu und was müssen angehende Mediatorinnen und Mediatoren beachten?

Künftig später statt schneller zertifizierter Mediator

Wie bereits im Entwurf der Verordnungsnovelle geplant war, erfahren die Regeln für zertifizierte Mediatoren drei wesentliche Änderungen:

  1. Nunmehr muss der Ausbildungslehrgang einen Umfang von mindestens 130 statt zuvor 120 Stunden haben. Dafür kommen Online-Mediation und Digitalkompetenz als Pflichtinhalte des Lehrgangs hinzu.
  2. Während eine Online-Ausbildung zum zertifizierten Mediator bisher nicht möglich war, soll virtueller Unterricht nunmehr im Umfang von max. 40%, also 52 Zeitstunden, möglich sein. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Anwesenheitsprüfung. Zudem müssen Lehrkräfte und TeilnehmerInnen persönlich miteinander kommunizieren können. Ein Zoom-Meeting erfüllt diese Voraussetzung ebenso wie ein Livestream mit offenem Chat.
  3. Die wichtigste Änderung der Zertifizierungsregeln ist die zeitlich deutlich nach hinten verlagerte Berechtigung, sich als zertifizierte Mediatorin oder zertifizierter Mediator zu bezeichnen. Sowohl nach alter wie auch nach neuer Rechtslage müssen Zertifizierungskandidaten fünf Mediationsfälle akquirieren und supervidieren lassen. Während sie sich bisher bereits nach der ersten Supervision als „zertifiziert“ bezeichnen dürfen, müssen sie dafür künftig aber bis zum Abschluss der fünften Supervision warten. Der schnelle zertifizierte Mediator ist damit passé.

Was die Zertifizierungs-Novelle nicht regelt…

Eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung der Zertifizierungsregeln hat das Bundesjustizministerium nicht aufgegriffen. Auf absehbare Zeit nicht geben wird es

  • eine zentrale Prüfstelle für zertifizierte Mediatoren,
  • eine der Zertifizierung vorausgehende Prüfung von Zertifizierungskandidaten,
  • gesetzliche Regeln für eine Mediatorenkammer.

Bei diesen Themen blieb das Stimmungsbild unter Mediations-Stakeholdern bis zuletzt uneinheitlich. Das BMJ hat es deswegen beim kleinsten gemeinsamen Nenner belassen. Im Hinblick darauf, dass nicht wenige Stimmen den Mediationsmarkt bereits heute für überreguliert halten, erscheint diese Lösung auch sachgerecht.

Schnell noch die alte Zertifizierung mitnehmen?

Die Verordnungsnovelle tritt am 1. März 2024 in Kraft; ab diesem Tag gelten die neuen Zertifizierungsregeln. Wer noch unter dem alten Recht in den Genuss des schnell-zertifizierten Mediators kommen möchte, kann dies relativ einfach tun. Denn nach § 7 Abs. 4 der neugefassten Verordnung darf man sich noch unter den alten, geringeren Voraussetzungen als zertifizierte(r) Mediator(in) bezeichnen, wenn man bis zum 29. Februar 2024 einen Ausbildungslehrgang beginnt und bis zum 29. Februar 2028 diesen Lehrgang abschließt und fünf Praxisfälle in Einzelsupervisionen reflektiert.

Der nächste Lehrgang der Münchener Ausbildung zum Wirtschaftsmediator beginnt am 14. September 2023. Anmeldungen sind gegenwärtig noch möglich über unser Online-Anmeldeformular.

In eigener Sache: Kurz vor Weihnachten 2022 ist das Buch „Mediation im Erbrecht“ von Martin Fries und Ralf Deutlmoser erschienen. Worum geht es und wie kommt man daran?

Erbstreit als Paradefall für die Mediation

Erbrechtliche Streitigkeiten finden in der Literatur zur außergerichtlichen Streitbeilegung selten Erwähnung, sind aber Paradefälle für eine kooperative Konfliktlösung. Denn es geht regelmäßig um viel Geld, um starke Emotionen und um das Bedürfnis nach echtem gegenseitigen Gehör. Hinzu kommt, dass der Erbrechtsprozess mit häufig mehreren Klagestufen und Instanzen ausgesprochen aufwändig ist, wohingegen bei einer schnellen Einigung die realistische Aussicht winkt, die Angelegenheit dauerhaft erledigt zu haben. Schließlich müssen die Hinterbliebenen eines Verstorbenen zwar zuweilen Erberwartungen aufgeben, sie zahlen aber auch im Falle eines Kompromisses nichts aus eigener Tasche, sondern gewinnen Vermögenswerte hinzu. Das erleichtert es den Parteien sehr, sich auf ein kooperatives Konfliktlösungsverfahren einzulassen.

Erbmediation im Anwaltsmandat

Viele Anwältinnen und Anwälte integrieren die Möglichkeit einer Mediation bereits systematisch in die Beratung ihrer Mandanten. Gerade in rechtlich anspruchsvollen Fällen mit vielen Beteiligten oder schwierigen steuerrechtlichen oder international-privatrechtlichen Anschlussfragen hilft eine Streitbeilegung auch allen Beteiligten, die Komplexität der Angelegenheit einigermaßen einzuhegen. Das gilt natürlich auch für den Erbstreit im Familienunternehmen, wo die Alternative eines Gerichtsprozesses wegen der damit verbundenen Presseberichte besonders unattraktiv ist. Gerade in Fällen dieser Tragweite werden anwaltliche Begleiter regelmäßig bereits vor dem Versterben des Erblassers gemeinsame Planungsschritte einleiten und dabei mediative Methoden einsetzen.

Mediation im Erbrecht im Open Access verfügbar

Das Buch zur Mediation im Erbrecht wendet sich vor diesem Hintergrund nicht nur an Mediatorinnen und Mediatoren, sondern gerade auch an Anwältinnen und Anwälte, die regelmäßig Erbrechtsmandate begleiten. Auch für Einsteiger und Teilnehmer einer Mediationsausbildung, die das Verfahren der Mediation mit besonderem Blick für eine praxisrelevante Materie studieren möchten, ist das Werk gut zu gebrauchen. Die Papierversion des Buches ist für € 53,49 im Handel erhältlich. Noch einfacher zugänglich ist die Open-Access-Publikation: Man kann das Buch auf den Seiten des Springer-Verlags kostenfrei online lesen oder auch frei als pdf herunterladen. Auf geht’s!

Ab Anfang August 2022 dürfen Mediatoren enger mit Anwälten zusammenarbeiten, als das bisher der Fall war. Der Gesetzgeber rückt verschiedene Dienstleistungsberufe näher zusammen und erleichtert damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Rechtsstreitigkeiten. Worum geht es und was ist zukünftig erlaubt?

Bisher nur lose Kooperationen erlaubt

Das bis Ende Juli 2022 geltende anwaltliche Berufsrecht zieht eine scharfe Linie zwischen Anwälten einerseits und Mediatoren andererseits. Die berufliche Zusammenarbeit einer Anwältin und einer Mediatorin in einem gemeinsam geführten Beratungsunternehmen ist nach § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO nicht möglich, sofern die Mediatorin nicht aus dem engen Kreis der sog. sozietätsfähigen Berufe (insb. Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) stammt. Und selbst die interprofessionelle Zusammenarbeit ohne wirtschaftliche Verbindung in Form einer sog. bloßen Bürogemeinschaft ist Anwälten und Mediatoren bisher verwehrt.

Bald möglich: Bürogemeinschaften zwischen Anwälten und Mediatoren

Das ändert sich allerdings mit dem 1. August 2022 mit dem Inkrafttreten des neuen § 59q Abs. 2 S. 1 BGB:

„Eine Bürogemeinschaft können Rechtsanwälte auch mit Personen eingehen, die nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, es sei denn, die Verbindung ist mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar und kann das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden.“

Der Gesetzgeber sieht die anwaltliche Verschwiegenheit nunmehr durch eine Bürogemeinschaft mit einer Mediatorin nicht mehr als gefährdet an. Nur bei Interessenkonflikten, die die Unabhängigkeit der Anwältin gefährden, soll diese Form der Zusammenarbeit im Einzelfall noch unzulässig sein.

Aber: Partnerschaft nur mit freiberuflichen Mediatoren

Damit ist freilich nicht gesagt, dass Mediatoren und Rechtsanwälte auch eine interprofessionelle Kanzlei eröffnen können. Eine solche unternehmerische Verbindung ist zwar nicht mehr per se ausgeschlossen, steht aber nach dem neugefassten § 59c Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BRAO unter dem Vorbehalt, dass der Mediator einen freien Beruf im Sinne von § 1 Abs. 1 PartGG ausübt. Dort heißt es:

Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.“

Ob die hier vom Gesetz vorgenommene Einteilung in Dienstleistungen niederer und höherer Art heute noch zeitgemäß ist, kann man mit Fug und Recht bezweifeln. Für Mediatorinnen, die einen Hauptberuf ausüben, der in der Aufzählung von § 1 Abs. 2 PartGG nicht enthalten ist, bleibt allerdings einige Rechtsunsicherheit. Sie müssen sich im Zweifel darauf berufen, dass die Mediatorentätigkeit selbst einen freien Beruf darstellt. Das ist zwar der Sache nach gut begründbar, der Gesetzgeber hätte es den Mediatoren freilich auch einfacher machen können, wenn er sie einfach in die beispielhafte Aufzählung freier Berufe übernommen hätte.

Weiterführender Literaturhinweis: Marcus Bauckmann, AnwBl Online 2021, 292-296, frei verfügbar im Open Access

Mitte Oktober 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (pdf) vorgelegt. Zentraler Bestandteil der ab 2021 vorgesehenen neuen Regeln ist ein früh ansetzendes Sanierungsverfahren. Schon bevor ein Unternehmen insolvenzreif wird, soll den Geschäftsführern ein niedrigschwelliger Weg offen stehen, um die Krise abzuwenden. Dabei können professionelle Dritte helfen, und hier steht neben der Restrukturierungsbeauftragten vor allem der sog. Sanierungsmoderator im Rampenlicht. Eine perfekte Rolle für Mediatoren?

Sanierungsmoderator als Zentralfigur der Krisenbewältigung

Was ist ein Sanierungsmoderator? Die Antwort dazu soll sich künftig in den §§ 100 bis 106 des neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRuG) finden. § 100 StaRUG lautet:

Auf Antrag eines restrukturierungsfähigen Schuldners bestellt das Gericht eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zum Sanierungsmoderator.

Über die Aufgaben einer Sanierungsmoderatorin sagt § 102 StaRUG-E:

Der Sanierungsmoderator vermittelt zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finan- ziellen Schwierigkeiten. Der Schuldner gewährt dem Moderator Einblick in seine Bücher und Geschäftsunterlagen und erteilt ihm die angeforderten zweckmäßigen Auskünfte. Der Sanierungsmoderator erstattet dem Gericht über den Fortgang der Sanierungsmoderation monatlich schriftlich Bericht.

Ziel der Tätigkeit eines Sanierungsmoderators ist die Vermittlung eines Sanierungsvergleichs nach § 103 StaRUG-E. Das Sanierungsgericht überwacht den Sanierungsmoderator und prüft und bestätigt den Sanierungsvergleich. Ein Sanierungsmoderator handelt also nicht im kontrollfreien Raum und genießt doch auch einen gewissen Gestaltungsspielraum, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Gläubiger ihre Interessen auch selbst im Blick haben.

Mediatoren als Sanierungsmoderatoren?

Wer eignet sich mit Blick auf seine Fachkenntnisse und Fähigkeiten in besonderer Weise für das Amt eines Sanierungsmoderators? Die Rolle verlangt im Grunde zweierlei: Zum einen muss ein Sanierungsmoderator über profunde Kenntnisse des Insolvenzrechts und der Insolvenzpraxis verfügen. Zum anderen muss er das Handwerkszeug einer Mediatorin bzw. eines Mediators mitbringen. Diese spezifischen Anforderungen lassen erwarten, dass Insolvenzverwalter künftig noch mehr Wert auf das praxisorientierte Training ihrer Vermittlungsfähigkeiten legen werden. Bereits heute sind Insolvenzrechtspraktiker regelmäßig als Mediatoren tätig; dieser Trend dürfte sich mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts noch einmal deutlich verstärken.

Seit dem 12. Juni 2020 gilt die neue Verordnung (EU) Nr. 2019/1150 über Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten, die sog. Platform-to-Business- bzw. P2B-Verordnung. Die Verordnung soll Online-Händler vor einer Benachteiligung durch E-Commerce-Plattformen schützen. Das darin niedergelegte Schutzkonzept der Europäischen Union setzt in materiell-rechtlicher Hinsicht auf Transparenz und in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf die Mediation. Worum geht es und was bedeutet das für Wirtschaftsmediatoren?

P2B-Verordnung soll Händler vor Abhängigkeit von Plattformen schützen

Wenn Menschen miteinander ins Geschäft kommen, ist regelmäßig eine Vertragspartei stärker als die andere. Wo dies regelmäßig vorkommt, greift manchmal der Gesetzgeber ein. David bekommt gewissermaßen eine gesetzliche Steinschleuder in die Hand, um mit Goliath auf Augenhöhe zu kommen. Ein typisches Beispiel für eine solche Situation sind Machtungleichgewichte zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Das inzwischen weit ausdifferenzierte Verbraucherschutzrecht hilft Verbrauchern, z.B. indem es durch gesetzliche Widerrufsrechte dafür sorgt, dass sie seltener in für sie uninteressante Verträge hineingelockt werden. Die neue P2B-Verordnung schafft nun ein ähnliches Schutzrecht für gewerbliche Händler. Diese gelten zwar – gerade im Vergleich zu Verbrauchern – traditionell als geschäftserfahren und wenig schutzbedürftig. Im Zeitalter einer immer mächtigeren Plattformindustrie haben sich die Gewichte allerdings verschoben. Viele Händler sind heute mit ihren Vertriebsstrukturen weitgehend von E-Commerce-Plattformen wie Amazon, eBay, oder Booking abhängig. Sie sind insofern gezwungen, für sie ungünstige Handelsbedingungen im Zweifel zu schlucken, weil sie keine Alternativen sehen. Dieses Machtungleichgewicht soll die P2B-Verordnung aufbrechen.

P2B-Verordnung mit sanftem Druck

Welche Instrumente wählt die P2B-Verordnung, um diese Herausforderungen zu bewältigen? Es fällt auf, dass die EU sowohl in materiell-rechtlicher als auch in prozeduraler Hinsicht einen sehr vorsichtigen Ansatz fährt. Einseitig nachteilhafte und die Händler knebelnde Bedingungen von Plattformen werden nicht untersagt oder einer ausdifferenzierten AGB-Kontrolle unterworfen (die europäische Klauselrichtlinie 93/13/EWG gilt nur für Verträge mit Verbrauchern!). Stattdessen versucht es die EU mit Transparenzpflichten: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform sollen transparent sein (Art. 3), der Ausschluss einer Händlerin soll begründet werden (Art. 4) und die für Suchfunktionen außerordentlich bedeutsamen Ranking-Kriterien sollen transparent sein (Art. 5). Dieser weiche Regulierungsansatz setzt sich auch mit Blick auf das Konfliktmanagement fort: Händler sollen etwaige Unzufriedenheiten in einem internen Beschwerdemanagementsystem artikulieren können (Art. 11) und in Streitigkeiten, die sich auf diesem Wege nicht bewältigen lassen, sollen spezialisierte Mediatoren vermitteln (Art. 12 und 13).

Ein neuer Tätigkeitsbereich für Wirtschaftsmediatoren?

Eröffnet die P2B-Verordnung ein neues Tätigkeitsfeld für Wirtschaftsmediatoren? Immerhin müssen die Plattformen nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 der P2B-Verordnung in ihren AGB mindestens zwei Mediatoren benennen, mit denen sie bereit sind zusammenzuarbeiten. Diese Mediatoren müssen über ein gewisses Grundverständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge verfügen, denn Art. 12 Abs. 2 lit. f) sieht vor:

„Sie [die Mediatoren] verfügen über ein ausreichendes Verständnis der allgemeinen Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen, sodass sie wirksam zum Versuch der Streitbeilegung beitragen können.“

Eine erste Bestandsaufnahme drei Monate nach Beginn der Geltung der Verordnung lässt erahnen, dass Mediationen zwischen Plattformen und Händlern überwiegend über Verbände abgewickelt werden dürften. So verweist etwa § 11 Nr. 7 der eBay-AGB auf zwei E-Commerce-Bundesverbände als Mediationsdienstleister. Check24 begnügt sich mit einem Hinweis auf das interne Beschwerdemanagementsystem. Einige andere große Plattformen haben ihre AGB demgegenüber noch gar nicht an die Vorgaben der P2B-Verordnung angepasst und könnten insofern noch offen für neue Kooperationen mit Wirtschaftsmediatoren sein. Unklar ist freilich, ob sich die Plattformen im Ernstfall tatsächlich auch auf ein Mediationsverfahren einlassen werden. Dazu verpflichtet sie die P2B-Verordnung nämlich nicht.

Im Februar 2019 ist im Otto-Schmidt-Verlag das Werkstattbuch Mediation in zweiter Auflage erschienen. Was steht drin und was ist das Besondere?

Erstauflage von Hannelore Diez

Die Erstauflage des Werkstattbuchs Mediation erschien 2004 aus der Feder von Hannelore Diez. Diez gilt als Mitbegründerin der sog. mediationsanalogen Supervision, einem Supervisionsprozess, der den Phasen eines Mediationsverfahrens folgt. Nach ihrem Tod führen nun Karen Engler und Heiner Krabbe das Werk fort. Die zweite Auflage berücksichtigt das 2012 in Kraft getretene Mediationsgesetz und die seit 2017 geltende Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung. Außerdem haben die Autoren das auf gut 300 Seiten angewachsene Werk um neue Themen ergänzt. Dazu zählen etwa Überlegungen zu Emotionen in der Mediation sowie zum Umgang mit extrem zerstrittenen Parteien.

Werkstattbuch Mediation mit Beispielsfall und Werkstattkoffer

Grundlage und wiederkehrender Bezugspunkt im Werkstattbuch Mediation ist ein zu Beginn geschilderter Beispielsfall aus dem Erbrecht. Eine Witwe und zwei ihrer Kinder möchten die Zukunft des gemeinsam ererbten Kinderbuchverlags regeln und beginnen dazu ein Mediationsverfahren. Die Autoren erläutern kurz den Gang dieses konkreten Falles. Anschließend stellen sie die Phasen und Prinzipien einer Mediation dar, erläutern die wesentlichen Techniken einer Mediatorin und skizzieren Ansätze zum Umgang mit schwierigen Situationen in der Mediation. Dabei nimmt das Buch wie schon in der Erstauflage immer wieder Bezug zum eingangs gewählten Erbrechtsfall. Der Anhang des Buches enthält eine Reihe von Mustern für die Verfahrenspraxis. Das Werk eignet sich damit als Informationsgrundlage für Einsteiger ebenso wie als Ideengeber für die Praxis.

Das Werkstattbuch Mediation ist im Versandhandel des Verlags zum Preis von € 44,80 erhältlich. Ähnliche Werke sind die im März 2019 in dritter Auflage erschienene „Mediation in der Wirtschaft“ von Duve/Eidenmüller/Hacke/Fries und die für Oktober 2019 angekündigte „Wirtschaftsmediation“ aus der Feder von Jörg Risse.

Anfang März 2019 ist das Buch Mediation in der Wirtschaft im Verlag Dr. Otto Schmidt in 3. Auflage erschienen. Was steht drin und was ist neu?

Wirtschaftsmediation von A bis Z

Das Buch zur Mediation in der Wirtschaft versteht sich als Ratgeber und Praxisleitfaden für kluges Konfliktmanagement in wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten. Wer darüber nachdenkt, seine Herangehensweise an Konflikte zu professionalisieren und Konfliktkosten zu senken, findet dafür konkrete Handreichungen. Auch als Grundlagenwerk für Mediationsausbildungen hat sich das Buch bewährt. Das Werk folgt einem dreigliedrigen Aufbau: Im ersten Teil erfahren die Leser, wie Konflikte entstehen und welche unterschiedlichen Möglichkeiten es gibt, damit umzugehen. Der zweite Buchteil stellt die Methode der Mediation entlang der Phasen eines Mediationsverfahrens vor. Der dritte Teil erläutert, wie man das Mediationsverfahren in die Praxis des Konfliktmanagements integriert.

Fallbeispiele, Muster und Checklisten

Der Mediation in der Wirtschaft liegt eine gründliche Auswertung der aktuellen Wissenschaftsliteratur im Bereich der außergerichtlichen Streitbeilegung zugrunde. Zugleich versteht sich das Werk als Lesebuch, das sich nicht nur an Juristen, sondern gerade auch an Unternehmer und nichtjuristische Berater wendet. Als Anwenderbuch ist die Mediation in der Wirtschaft in allen Teilen angereichert mit Beispielen aus der Mediationspraxis der Autoren. Diese Beispielsfälle illustrieren, welche konkreten und teilweise unerwarteten Vorteile sich aus einer Mediation ergeben können. Für diejenigen Leser, die selbst als Mediatoren tätig sind, enthält der Anhang des Buchs eine Reihe von Mustern und Checklisten, die Anregungen für die Ausgestaltung eines Mediationsverfahrens geben.

Mediation in der Wirtschaft: Neues in der 3. Auflage

Die nunmehr erschienene dritte Auflage wartet mit einer Reihe von Ergänzungen und Aktualisierungen auf. Sie berücksichtigt insbesondere das erst nach dem Erscheinen der 2. Auflage in Kraft getretene Mediationsgesetz und die 2017 erlassene Rechtsverordnung zum zertifizierten Mediator. Darüber hinaus erfuhr vor allem die Darstellung der besonderen Anforderungen an Anwaltsmediatoren eine Überarbeitung. Schließlich wurde auch eine Vielzahl von Beispielen aktualisiert oder neu eingefügt.

Die dritte Auflage der Mediation in der Wirtschaft ist im Handel ab sofort zum Preis von € 49,80 erhältlich.

Welche Rolle spielt die Mediation in der anwaltlichen Rechtsberatung? Der Berliner Rechtsanwalt und Mediator Michael Plassmann erläutert in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM 2017, 208-212), wie sich eine Rechtsberatung zu den in Betracht kommenden Konfliktlösungsverfahren zielführend ausgestalten lässt.

Mediation in der Rechtsberatung: Dreiklang aus Haltung, Vertrauen und Bereitschaft

Plassmann geht mit guten Gründen davon aus, dass ein konsensorientiertes Verfahren wie die Mediation die Interessen des Mandanten regelmäßig besser befriedigen wird als eine rein konfrontative Strategie. Um die Chance auf diesen Konsens zu erhalten, gelte es drei Weichen richtig zu stellen. Wichtig sei zunächst die Haltung des Anwalts zum Verfahren. Eine Mandantin, deren Anwältin selbst am Nutzen einer Mediation zweifelt, wird sich kaum auf ein Mediationsverfahren einlassen. Darüber hinaus ist es Plassmann zufolge von großer Bedeutung, dass der Anwalt Vertrauen in den Mediator hat. Denn ohne dieses Vertrauen tut man sich schwer, einen Teil der Prozessverantwortung auf den Mediator zu delegieren. Und schließlich braucht es auch die Bereitschaft der Mandantschaft, an den Mediationsverhandlungen konstruktiv und ergebnisoffen mitzuwirken. Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt, stehen die Chancen für eine konstruktive Einigung gut.

Mediation darf keine Blackbox sein

Für beratende Anwälte bedeutet das: Um das Für und Wider eines Mediationsversuchs beurteilen und der Mandantschaft einen entsprechenden Rat geben zu können, sollten Rechtsanwälte wissen, was sie in einer Mediation erwartet. Man wird nicht verlangen können, dass jeder Anwalt eine Mediationsausbildung absolviert. Aber gewisse Grundkenntnisse im interessenorientierten Verhandeln sind doch nützlich, um Verfahrensalternativen überhaupt ernsthaft erwägen zu können. Mit den Worten von Plassmann:

„Die differenzierte Beratung ist – fern aller Digitalisierungstendenzen – das Gut der Anwaltschaft. Eine kompetent am Recht und den Interessen der Mandantschaft orientierte Dienstleistung ist das von anderen Berufsgruppen nicht zu schlagende Premiumprodukt der Anwaltschaft.“

Dabei beginnt die Rechtsberatung idealerweise schon bei der Vertragsgestaltung. Häufig verbindet die Vertragsparteien bereits hier ein gemeinsames Interesse daran, später auftretende Konflikte möglichst konstruktiv zu lösen. Es empfiehlt sich daher regelmäßig, Mediationsklauseln in den Vertrag aufzunehmen.

Die Mediation und das liebe Geld

Wie lässt sich eine gewisse Offenheit gegenüber konsensorientierten Konfliktlösungsverfahren womöglich auch durch Kostenanreize erreichen? An dieser Stelle schlägt Plassmann vor, die Öffnungsklauseln des § 69b GKG und des § 61a FamGKG ins Bundesrecht zu übernehmen. Weiter sei erwägenswert, die Gerichtsgebühren dort zu ermäßigen, wo die Parteien zuvor eine Mediation versucht haben. Die Ratio dahinter: In diesen Fällen kann man sich vergleichsweise sicher sein, dass die Parteien nicht vorschnell geklagt haben und es wirklich eine richterliche Entscheidung braucht. Schließlich rechtfertige die Mitwirkung von Anwälten in einer Mediationsverhandlung auch die Festlegung einer gesetzlichen Gebühr in Nr. 2303 VV RVG. Denn Anwälte sollten von der Empfehlung eines Mediationsverfahrens nicht dadurch abgehalten werden, dass ihre Tätigkeit dort nicht angemessen entlohnt wird.

Literaturtipp zum Thema Rechtsberatung und Mediation:
Anton Kiendl, Alternative Streitbeilegung und anwaltliche Verpflichtung zur Verfahrenswahlberatung, Verlag Dr. Kovač, 2017, € 98,80 im Buchhandel

Feedbackprozesse sind bei Unternehmern und Freiberuflern an der Tagesordnung. Aber wie steht es um Feedback für Mediatoren? Wer fragt ein Jahr nach dem Abschluss eines Mediationsverfahrens bei den Beteiligten nach, was sie mit einiger zeitlicher Distanz davon halten?

Kernfrage: Was hat sich durch die Mediation verändert?

Der Nutzen eines Feedbacks liegt eigentlich auf der Hand: Man hört Lob und Kritik und kann sich dementsprechend weiterentwickeln. Mediatoren erfahren zudem, wie tragfähig die gemeinsam verhandelte Konfliktlösung war und welche Aspekte näheres Hinsehen verdient gehabt hätten. Durch die höfliche Bitte um ein Feedback artikulieren Mediatoren auch professionelles Interesse am weiteren Verlauf der geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zwischen den Streitparteien. Weil es nicht nur um den Verlauf der Mediationsverhandlung selbst, sondern gerade auch um die Effekte der vereinbarten Lösung geht, sollte man zwischen dem Abschluss der Mediation und dem Feedback einige Zeit verstreichen lassen. Gleichzeitig erscheint es sinnvoll, die Bitte um Feedback bereits im Rahmen der Mediationsverhandlung anzukündigen und dafür das Einverständnis der Parteien einzuholen.

Feedback für Mediatoren: Wertvoll, aber selten?

Mit Blick auf diesen Wert eines Feedbacks der Parteien für ihre Mediatoren ist es bemerkenswert, dass dem Thema in Mediationsausbildung und Praxis allenfalls eine sehr untergeordnete Bedeutung beigemessen wird. Der Fokus liegt klar auf dem Idealbild der Mediationstätigkeit selbst. Womöglich bleibt dabei aber zu wenig Raum für die Sicherung der Ergebnisqualität, die gerade erst in der Rückschau der Parteien auf die Mediation sichtbar wird. Das spricht dafür, Feedbackprozesse systematisch in die Nachbereitung des Mediationsverfahrens zu integrieren.

Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns!

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrer Mediationspraxis mit Feedback der Parteien gesammelt? Welche Fragen stellen Sie wann und welche Fragen stellen Sie nie? Wenn Sie über den Nutzen eines Feedbacks für Ihre Mediationstätigkeit nachdenken, was nehmen Sie sich für die Zukunft vor? Schicken Sie uns gerne eine Mail mit Ihren Erfahrungen an martin.fries [at] mediatorenausbildung.org! Wir sind gespannt auf Ihre Perspektive und werden eine anonymisierte Synthese Ihrer Einsendungen im Herbst auf diesem Blog veröffentlichen.

Mitte Dezember 2017 ist im Verlag C. H. Beck das Buch „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ von Gerhard Wagner erschienen. Darin beschreibt Wagner den zunehmenden Wettbewerb der Justiz mit verschiedenen Formen der außergerichtlichen Streitbeilegung.

Wettbewerb zwischen Justiz und außergerichtlicher Streitbeilegung

Anknüpfend an die Initiative „Streitbeilegung made in Germany“ des Bundesjustizministeriums beschreibt Wagner das Verhältnis zwischen staatlichen Gerichten und außergerichtlichen Konfliktlösungsmechanismen als einen Wettbewerb. Danach ist die Entscheidung für eines dieser Verfahren jeweils eine Frage von Kosten und Nutzen für die Betroffenen. Wagner weist darauf hin, dass die Ziviljustiz zwischen 2005 und 2015 ein Viertel ihrer Fälle, also ihres Marktanteils verloren hat (vgl. auch die jüngsten Zahlen von 2016). Während ein Gerichtsverfahren etwa in deliktsrechtlichen Streitigkeiten nach wie vor hoch im Kurs stehe, habe die Justiz bei der Lösung vertragsrechtlicher Konflikte erheblich Bedeutung eingebüßt. Gleichzeitig sei schwer auszumachen, inwieweit sich diese Marktanteile auf andere Streitbeilegungsverfahren verschoben hätten. So habe beispielsweise die Schiedsgerichtsbarkeit in letzter Zeit durchaus wachsenden Zuspruch erfahren. Verglichen mit der Ziviljustiz seien die Verfahrenszahlen hier aber nach wie vor verschwindend gering. Eine gewisse Verlagerung von Fällen vom Amtsgericht zur Verbraucherschlichtung sei nicht unwahrscheinlich. Im Blick haben solle man aber vor allem auch die veränderte Konfliktkultur im Online-Handel, wo Streitigkeiten häufig durch kundenfreundliche Entscheidungen vermieden werden.

Internationales Handelsgericht würde die Ziviljustiz stärken

Damit sich der Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb mit alternativen Streitbeilegungsmechanismen im In- und Ausland besser behaupten kann, schlägt Wagner die Einführung von internationalen Handelsgerichten in Deutschland vor. Solche Gerichte könnten auf Ebene der Oberlandesgerichte angesiedelt sein. Die englische Sprache könnte man als Gerichtssprache zulassen, vor allem um die Zuziehung englischsprachiger Beweismittel ohne Übersetzung möglich zu machen. Bei Bezügen zum deutschen Recht könnte der Schriftverkehr weiterhin in deutscher Sprache stattfinden. Anders als beim Schiedsverfahren möchte Wagner bei einem solchen Handelsgericht auf die Öffentlichkeit des Verfahrens nicht verzichten. Der Bundesgerichtshof wäre Revisionsinstanz, bliebe allerdings beschränkt auf die Kontrolle von Rechtsfragen. Von einer so modernisierten Ziviljustiz erhofft sich Wagner eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit staatlicher Gerichte und einen Imagegewinn für die Justiz insgesamt. Die Justiz dürfe dem Wettbewerb der Konfliktlösungsmechanismen nicht ausweichen, sondern könne ihn durchaus als Chance begreifen.

Das Buch „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ ist im Handel zum Preis von € 29,80 erhältlich.