Mitte Dezember 2017 ist im Verlag C. H. Beck das Buch „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ von Gerhard Wagner erschienen. Darin beschreibt Wagner den zunehmenden Wettbewerb der Justiz mit verschiedenen Formen der außergerichtlichen Streitbeilegung.

Wettbewerb zwischen Justiz und außergerichtlicher Streitbeilegung

Anknüpfend an die Initiative „Streitbeilegung made in Germany“ des Bundesjustizministeriums beschreibt Wagner das Verhältnis zwischen staatlichen Gerichten und außergerichtlichen Konfliktlösungsmechanismen als einen Wettbewerb. Danach ist die Entscheidung für eines dieser Verfahren jeweils eine Frage von Kosten und Nutzen für die Betroffenen. Wagner weist darauf hin, dass die Ziviljustiz zwischen 2005 und 2015 ein Viertel ihrer Fälle, also ihres Marktanteils verloren hat (vgl. auch die jüngsten Zahlen von 2016). Während ein Gerichtsverfahren etwa in deliktsrechtlichen Streitigkeiten nach wie vor hoch im Kurs stehe, habe die Justiz bei der Lösung vertragsrechtlicher Konflikte erheblich Bedeutung eingebüßt. Gleichzeitig sei schwer auszumachen, inwieweit sich diese Marktanteile auf andere Streitbeilegungsverfahren verschoben hätten. So habe beispielsweise die Schiedsgerichtsbarkeit in letzter Zeit durchaus wachsenden Zuspruch erfahren. Verglichen mit der Ziviljustiz seien die Verfahrenszahlen hier aber nach wie vor verschwindend gering. Eine gewisse Verlagerung von Fällen vom Amtsgericht zur Verbraucherschlichtung sei nicht unwahrscheinlich. Im Blick haben solle man aber vor allem auch die veränderte Konfliktkultur im Online-Handel, wo Streitigkeiten häufig durch kundenfreundliche Entscheidungen vermieden werden.

Internationales Handelsgericht würde die Ziviljustiz stärken

Damit sich der Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb mit alternativen Streitbeilegungsmechanismen im In- und Ausland besser behaupten kann, schlägt Wagner die Einführung von internationalen Handelsgerichten in Deutschland vor. Solche Gerichte könnten auf Ebene der Oberlandesgerichte angesiedelt sein. Die englische Sprache könnte man als Gerichtssprache zulassen, vor allem um die Zuziehung englischsprachiger Beweismittel ohne Übersetzung möglich zu machen. Bei Bezügen zum deutschen Recht könnte der Schriftverkehr weiterhin in deutscher Sprache stattfinden. Anders als beim Schiedsverfahren möchte Wagner bei einem solchen Handelsgericht auf die Öffentlichkeit des Verfahrens nicht verzichten. Der Bundesgerichtshof wäre Revisionsinstanz, bliebe allerdings beschränkt auf die Kontrolle von Rechtsfragen. Von einer so modernisierten Ziviljustiz erhofft sich Wagner eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit staatlicher Gerichte und einen Imagegewinn für die Justiz insgesamt. Die Justiz dürfe dem Wettbewerb der Konfliktlösungsmechanismen nicht ausweichen, sondern könne ihn durchaus als Chance begreifen.

Das Buch „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ ist im Handel zum Preis von € 29,80 erhältlich.

Ein aktuelles BGH-Urteil lässt aufhorchen: Welchen Haftungsgefahren sind Mediatoren ausgesetzt? Kann sich ein Mediator schadensersatzpflichtig machen, wenn er bei der Mediation handwerkliche Fehler macht? Müssen sich Mediatoren womöglich zukünftig gegen Haftungsrisiken versichern? Ein näherer Blick auf die neueste Rechtsprechung des BGH zeigt, dass diese Sorge unbegründet ist.

Anwaltliche Gütestelle soll Scheidungsfolgenvereinbarung entwerfen

Der vom BGH zu entscheidende Fall (Urteil vom 21. September 2017, IX ZR 34/17, Volltext) betraf ein scheidungswilliges Ehepaar. Um Anwaltskosten zu sparen, hatten die Eheleute eine als Gütestelle zugelassene Rechtsanwältin damit beauftragt, eine faire Scheidungsfolgenvereinbarung zu entwerfen. Solche Vereinbarungen konkretisieren zum Beispiel den Ausgleich von Einkommen oder Rentenanwartschaften. Wenn etwa ein Ehegatte während der Ehe deutlich mehr als der andere verdient hat, sind die damit verbundenen Vorteile im Zweifel bei Scheidung der Ehe auszugleichen. Man spricht mit Blick auf das Einkommen vom Zugewinnausgleich und mit Blick auf Renten- oder anderweitige Versorgungsansprüche vom Versorgungsausgleich.

Einseitige Benachteiligung der Ehefrau

Im BGH-Fall hätte der Ehefrau einen Versorgungsausgleichsanspruch von knapp 100.000 € zugestanden. Die zugezogene Rechtsanwältin traf hierzu allerdings nur ungenügende Feststellungen und schlug daher einen gänzlichen Verzicht der Ehefrau auf den Versorgungsausgleich vor. Der später für das Scheidungsverfahren selbst auf Seiten der Ehefrau hinzugezogene Rechtsanwalt korrigierte diesen Fehler nicht mehr, so dass der Verzicht letztlich wirksam wurde. Die Ehefrau forderte die so verlorenen Ansprüche nunmehr von ihrem Rechtsanwalt als Schadensersatz ein; dieser nahm daraufhin die vorgerichtlich tätige Rechtsanwältin in Regress. Der BGH ließ den Anwalt gegenüber der Ehefrau haften, gab diesem aber einen Regressanspruch gegen die mit der Vorbereitung der Vereinbarung befasste Anwaltskollegin. Diese habe die Pflicht übernommen, eine der Rechtslage entsprechende Scheidungsfolgenvereinbarung zu entwerfen. Diese Pflicht habe sie verletzt, indem sie mangels sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts die Ehefrau einseitig benachteiligt habe. Insofern sei sie zum Schadensersatz verpflichtet.

BGH-Fall lag keine echte Mediation zugrunde

So weit, so gut und nachvollziehbar. Für Mediatoren Bedeutung erlangt der Fall nun dadurch, dass der BGH die Tätigkeit der als Gütestelle zugelassenen Rechtsanwältin als Mediation bezeichnete. Das war freilich unglücklich, denn im konkreten Fall handelte es sich gerade nicht um eine Mediation im Sinne von § 1 Abs. 1 MediationsG, weil die Eheleute die Scheidungsfolgenvereinbarung nicht eigenverantwortlich entwickelten, sondern von der Anwältin weitgehend vorgeben ließen. Genau genommen war die Anwältin als Rechtsberaterin beider Eheleute tätig – was nach § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 BORA als Vertretung widerstreitender Interessen verboten und womöglich sogar als Parteiverrat strafbar nach § 356 StGB ist.

Wichtig für Mediatoren: Keine Rechtsberatung erteilen!

Für Mediatoren bedeutet der Fall des BGH: Eine Haftung auf Schadenersatz droht dann, wenn man den Parteien einen Rechtsrat erteilt. Es gelten die Grenzen der § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG und des § 2 Abs. 6 S. 2 MediationsG: Mediatoren dürfen durchaus auf bestimmte rechtliche Rahmenregeln wie die Rechtswirkungen eines Vergleichs nach § 779 BGB hinweisen. Sie dürfen aber nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreifen. Wenn die Parteien einen Rechtsrat benötigen, müssen Mediatoren sie darauf hinweisen, dass sie Rechtsanwälte hinzuziehen können. Mediatoren, die sich an diese Grundregel halten, haben mit Blick auf das neue BGH-Urteil keine Haftung zu befürchten.

Bei den Zivilgerichten brechen die Fallzahlen ein. Die Gründe dafür gelten als unklar. Ein Teil der Entwicklungen könnte allerdings auf veränderte Aktivitäten der Rechtsschutzversicherer zurückzuführen sein. Rechtsschutzversicherer fördern nicht nur die klassische Mediation, sondern haben mit der so benannten Telefonmediation eine eigene Art von außergerichtlicher Streitbeilegung entwickelt. Was ist unter einer Telefonmediation zu verstehen und was ist davon zu halten? In einem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift Spektrum für Versicherungsrecht hält der Autor mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.

Telefonmediation = Vergleichsdruck am Telefon

Das Wichtigste vorweg: Bei einer Telefonmediation handelt es sich nicht um eine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes. Es fehlt unter anderem an der in § 1 Abs. 2 MediationsG geforderten Neutralität und Unabhängigkeit des Vermittlers. Bei einer Telefonmediation beauftragt eine Rechtsschutzversicherung einen Rechtsanwalt, die Konfliktparteien abwechselnd anzurufen, um sie zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Es geht um eine schnelle Konfliktlösung und um die Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Das ist vor allem im Interesse der Versicherung, denn diese steht im Zweifel für die Kosten eines Rechtsstreits gerade.

Im Stil einer mater dolorosa…

Entsprechend kritisch fällt die Bewertung der Telefonmediation in Teilen der Literatur aus. Sehr plastisch formulierte jüngst der Frankfurter Rechtsanwalt Martin Riemer im Spektrum für Versicherungsrecht (SpV 2017, 24, 25 f.) seine Einschätzung über das Kalkül der Versicherer:

„Wenn ein Versicherungsnehmer Leidensdruck wegen eines Rechtsproblems verspürt, soll er sich bitte nicht über die Gelben Seiten oder google einfach selber einen Anwalt suchen, sondern deswegen gefälligst zunächst bei seiner Versicherung anrufen. Ggf. wird ihm dies durch Rabattsysteme schmackhaft gemacht, die beim Beschreiten dieses Weges die Selbstbeteiligung reduzieren oder gar entfallen lassen. Dort wartet dann in einem ersten Schritt, nach Durchlaufen des Telefonmenüs mit einer hypnotisierenden Frauenstimme, die im Stil einer mater dolorosa zart gehaucht Einfühlung und die Illusion zu vermitteln sucht, ihm sein Problem unmittelbar abzunehmen (ihn tatsächlich aber lediglich zum Drücken der Taste 1 animieren möchte), die „unkomplizierte und jederzeit erreichbare kostenfreie telefonische Erstberatung“ auf ihn, die – man weiß dies jedenfalls vorher nie so genau – ihm 1. entweder sein Problem am Telefon löst, 2. das Problem ausredet, 3. wenn dies nicht geht: eine sog. „Mediation“ vorschlägt oder 4. wenn der Versicherungsnehmer gleichwohl immer noch einen Anwalt persönlich sprechen möchte, ihm aus der Liste der intern geführten sog. Vertrauensanwälte dazu eine Empfehlung in Ortsnähe ausspricht. Dies selbstverständlich alles nur aus Gründen der Qualitätsverbesserung, völlig uneigennützig und lediglich im besten Interesse des Kunden verstanden (na klar, was denn sonst?).“

Telefonmediation oder Telefon-Voodoo?

Wenig Verständnis hat Riemer in diesem Zusammenhang für den Begriff der Mediation:

„Dass das Verständnis der Versicherer dessen, was sie als „Mediation“ bezeichnen, eine schmerzliche verbale Vergewaltigung der eigentlichen Bedeutung dieses Begriffs ist, und kaum mehr, sei hier ausdrücklich erwähnt. Tatsächlich segeln Versicherungen, indem sie „Mediation“ für sich reklamieren, unter falscher Flagge. Es geht vielmehr um eine sog. telefonische Shuttlemediation: Die Versicherung ruft beim Gegner an und fragt, ob er sich nicht auf die Hälfte vergleichen möchte (sehr viel mehr ist oftmals jedenfalls nicht drin). Dass sie bei diesem vermeintlichen Telefon-Voodoo bei einem mittleren Arzthaftungsstreitwert bereits mehr als das Zehnfache der Jahresprämie spart, wenn dafür kein freier Anwalt eingeschaltet wird, und darin ihre eigentliche Motivation liegt, verschweigt sie ihren Versicherungsnehmern…“

Wer steuert das Rechtssystem?

Bei aller Kritik konzediert Riemer, dass die Telefonmediation für Rechtsschutzversicherer nicht primär ein Mittel zur Profitsteigerung, sondern vermutlich eher aus der Not geboren ist. Für Rechtsanwälte bestehen erhebliche wirtschaftliche Anreize, für rechtsschutzversicherte Mandanten großzügig Prozesse zu führen. Die häufig verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs tut das ihrige dazu, dass nicht wenige Mandanten bis in die letzte Instanz gehen. Infolgedessen geraten die Rechtsschutzversicherer unter Kostendruck, obwohl die Fallzahlen vor den Zivilgerichten insgesamt zurückgehen. Ob die Telefonmediation freilich das passende Instrument zur Bewältigung dieser Probleme ist, darf man mit Riemer aber bezweifeln:

„Würde es ihnen [den Rechtsschutzversicherern] gelingen, ihre [Versicherungsnehmer] flächendeckend zu steuern, könnten sie in weiten Teilen darüber auch das Rechtssystem steuern.“

Literatur zur Telefonmediation

  • Riemer, Warum und wie Rechtsschutzversicherungen Datenbanken für ein „Partnernetzwerk“ mit sog. Vertrauensanwälten unterhalten? SpV 2017, 24-28
  • Fries, Rechtsschutzversicherung und Rechtsdienstleistung, in: Behme/Fries/Stark (Hrsg.), Versicherungsmechanismen im Recht, Mohr Siebeck, Tübingen 2016, S. 1-13
  • Engel, in: Eidenmüller/Wagner (Hrsg.), Mediationsrecht, 2015, Kap. 10 Rn. 55 ff.
  • Cornelius-Winkler, Schadenfreiheitsrabatte und „aktives Schadenmanagement“ – Paradigmenwechsel in der Rechtsschutzversicherung? NJW 2014, 588-591
  • Risch, Rechtsschutzversicherung – falsa demonstratio? ZfS 2014, 61
  • Cornelius-Winkler, Schadenmanagement der Rechtsschutzversicherer im Verkehrsrecht, SVR 2013, 201-208
  • van Bühren, Die ARB 2012 – Ein Danaer-Geschenk? BRAK-Mitt. 2013, 255-258
  • Goslar Institut (Hrsg.), Recht haben und Recht bekommen: Rechtsschutzversicherung im Wandel, 2011, online als pdf

Seit inzwischen über fünf Jahren ist die gerichtsinterne Mediation als so genanntes Güterichterverfahren in § 278 Abs. 5 ZPO geregelt. Seit einigen Jahren erfasst das Statistische Bundesamt auch Zahlen zum Güterichterverfahren. Nach den Statistiken der Jahre 2014 und 2015 lässt sich auf Grundlage dieser Zahlen nunmehr auch die Güterichterstatistik 2016 (xlsx) erstellen.

Güterichterstatistik 2016: OLG Celle gewinnt 30 Flaschen Rotwein

Die Güterichterstatistik 2016 zeigt keine gravierenden Unterschiede zur Vorjahresbilanz. Wie schon im Vorjahr wurden auch 2016 1,2% der erledigten Fälle aus dem Streitverfahren ins Güterichterverfahren überwiesen. Bei Amtsgerichten sind es unverändert 1,0%, bei den Landgerichten weiterhin 1,9%. Die Erledigungsquote im Güterichterverfahren liegt im Schnitt stabil bei 50%. Dabei gibt es durchaus große Unterschiede zwischen den einzelnen OLG-Bezirken: Fälle, die ins Güterichterverfahren verwiesen wurden, erledigen sich in Bremen, Bamberg und München in ungefähr zwei von drei Fällen, während sich in Hessen nur gut einer von drei Fällen vor dem Güterichter abschließen lässt. Interessant ist auch der Ausgang des Niedersächsischen Wettbewerbs um 30 Flaschen Rotwein: Das Oberlandesgericht Celle hat mit weitem Abstand die Nase vorn und kann den Präsidenten des OLG Braunschweig nunmehr auf Lieferung in Anspruch nehmen.

Hintergrund: Stark sinkende Fallzahlen in der Ziviljustiz

Der Blick in die Justizstatistik offenbart auch bemerkenswerte Entwicklungen in der streitigen Ziviljustiz. Die Fallzahlen dort waren seit Beginn des 21. Jahrhunderts pro Jahr um etwa 2% gesunken. Einzelne Gerichte meldeten im Frühjahr 2017 bereits eine deutliche Verschärfung des Prozessschwunds. Diese Entwicklung lässt sich nun auch auf Bundesebene überaus deutlich beobachten: Die Zahl der erledigten Verfahren schnellte 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 7%, bei den Amtsgerichten sogar um 9% nach unten. Auch die Zahl der Güterichterverfahren nahm im selben Maße ab. Offenbar werden die Fälle aber gleichzeitig komplexer, denn zumindest an einigen Gerichten sind trotz des Prozessschwunds erhebliche Überlastungsphänomene zu beobachten. So terminiert etwa das Landgericht Cottbus aktuell Verhandlungstermine erst für Sommer 2019 und weist dabei unmissverständlich auf eine übermäßige Arbeitsbelastung hin:

„Ein früherer Termin kommt leider nicht in Betracht. Die […] Zivilkammer ist austerminiert bis kurz vor dem nun bestimmten Termin. Die Kammer ist überlastet. Der derzeitige Aktenbestand liegt seit Jahren bei über 600 Sachen, seit Ende 2016 bei über 700 Sachen. Eine Entlastung der Kammer durch andere Kammern ist für 2017 in der Weise beschlossen, dass die anderen Zivilkammern der […] Zivilkammer genau 40 Sachen abnehmen. … Von Sachstandsanfragen und der Bitte um Vorverlegung des Termins bitte ich abzusehen.“

Rechtsanwälte: Pflicht zur Verfahrenswahlberatung

Welche Folgen die Personalengpässe der Ziviljustiz für das Vertrauen in den Rechtsstaat haben, ist gegenwärtig kaum absehbar. Für Rechtsanwälte resultiert aus dieser Sachlage jedenfalls eine umso dringlichere Pflicht, mit ihren Mandanten noch vor der Klageerhebung das Für und Wider von Alternativen zum Gerichtsverfahren eingehend zu erörtern. Eine außergerichtliche Mediation lässt sich häufig mit einem Vorlauf von wenigen Wochen terminieren und dann binnen weniger Tage abschließen.

Die ausführliche Güterichterstatistik 2016 steht hier zum kostenlosen Download (xlsx) zur Verfügung. Grundlage für die Statistik ist die Zahl aller im jeweiligen Jahr vor den Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten erledigten Zivilverfahren.

Am heutigen 1. September 2017 ist die Verordnung zur Ausbildung zertifizierter Mediatoren (ZMediatAusbV) in Kraft getreten. Der Bundesjustizminister hatte zuvor die Anregung einiger Verbände abgelehnt, das Inkrafttreten der Verordnung bis auf Weiteres auszusetzen.

Bezeichnung als zertifizierter Mediator ab sofort zulässig

Ab sofort ist es unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, sich als zertifizierter Mediator bzw. zertifizierte Mediatorin zu bezeichnen. Wer die Zertifizierung anstrebt, muss eine Mediationsausbildung im Umfang von mindestens 120 Präsenzzeitstunden absolviert haben. Bestandteil dieser Ausbildung muss unter anderem die Supervision eines echten Mediationsfalles sein. Darüber hinaus müssen sich zertifizierte Mediatoren regelmäßig fortbilden. Geringere Anforderungen für die Bezeichnung als zertifizierter Mediator gelten nur für die „alten Hasen“, die bereits vor Mitte 2012 ihre Mediationsausbildung abgeschlossen haben. Der genaue Inhalt der Regelungen lässt sich unserer Informationsseite zum zertifizierten Mediator entnehmen.

Reichweite der Verordnung zur Ausbildung zertifizierter Mediatoren

Ein wichtiger Merkposten: Der gesetzliche Schutz für die Bezeichnung als zertifizierter Mediator erstreckt sich auch auf ähnliche Bezeichnungen mit Verwechslungsgefahr. Wer sich beispielsweise als „zertifizierter Wirtschaftsmediator“ oder „zertifizierter Familienmediator“ bezeichnen möchte, muss ebenfalls die Voraussetzungen der Verordnung zur Ausbildung zertifizierter Mediatoren erfüllen. Auch kreative Begriffe wie ein „Mediator (zertifiziert nach Institut XY) oder der TÜV-zertifizierte Mediator sind begrifflich so nah am zertifizierten Mediator, dass die Führung solcher Bezeichnungen unzulässig ist, solange man nicht die Voraussetzungen der ZMediatAusbV erfüllt.

Einfacher Mediator nach wie vor nicht konkret reguliert

Keine konkreten Vorgaben gelten indes weiterhin für den „einfachen“ Mediator.  Dieser soll nach § 5 Abs. 1 MediationsG eine geeignete Ausbildung absolvieren und sich regelmäßig fortbilden. Welche Ausbildung geeignet ist und in welchen Abständen die Fortbildung zu erfolgen hat, lässt das Gesetz offen. Als Mediator bzw. Mediatorin kann sich daher auch jemand bezeichnen, der sein Rüstzeug in einem einwöchigen Schnellkurs gelernt hat. Ob eine vergleichsweise kurze Ausbildung für eine seriöse Mediationstätigkeit ausreicht, hängt insbesondere von der sonstigen Konfliktmanagementerfahrung des Mediators ab. In der Praxis haben viele ausgebildete Mediatoren ein gutes Gefühl dafür, ob sie sich fit für eine Tätigkeit als Mediator oder Co-Mediator fühlen oder noch ein weiteres Training absolvieren möchten.

Ein Beitrag von Roland Fritz und Heiner Krabbe in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM 2017, 89-93 und 149-154) beschäftigt sich mit der Einzelsupervision für zertifizierte Mediatoren. Was ist unter dem Begriff der Einzelsupervision konkret zu verstehen?

Supervision in MediationsG und ZMediatAusbV unpräzise geregelt

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 MediationsG soll eine Mediationsausbildung unter anderem eine Supervision beinhalten. Nach § 2 Abs. 2 und 5 ZMediatAusbV muss eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator eine Einzelsupervision umfassen. Was genau unter einer Supervision bzw. einer Einzelsupervision zu verstehen ist, lassen Gesetzgeber und Verordnungsgeber aber offen. Fritz und Krabbe kritisieren das:

Indes hätte vom Verordnungsgeber erwartet werden dürfen, dass er ein Regelwerk präsentiert, das über klare Begrifflichkeiten verfügt, aus sich selbst heraus verständlich ist und somit von jedem Mediator unmittelbar angewendet werden kann, ohne dass sich dieser zuvor durch umfassende Erläuterungen kämpfen muss.

Immerhin finde der Supervisionsbegriff auch in anderen Berufen Anwendung. Insbesondere sei eine Anleihe an dem für Psychotherapeuten eingebürgerten Supervisionsbegriff nach § 4 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) möglich. Darin heißt es:

Die praktische Ausbildung … umfaßt mindestens 600 Behandlungsstunden unter Supervision mit mindestens sechs Patientenbehandlungen sowie mindestens 150 Supervisionsstunden, von denen mindestens 50 Stunden als Einzelsupervision durchzuführen sind.

Zwar stehen Fritz und Krabbe zufolge im Zentrum einer Mediationssupervision andere Fragen als im Kontext der Psychotherapie. Bei der Supervision einer Mediation gehe es weniger um Therapie und Beziehung als vielmehr um das Verhalten der Konfliktparteien, den Verlauf des Mediationsgesprächs und die Rolle des Mediators. Mancher methodische Zugriff aus diesem Bereich lasse sich aber auch für eine Mediationssupervision fruchtbar machen.

Definition von Supervision und Einzelsupervision

Fritz und Krabbe versuchen vor diesem Hintergrund, begriffliche Klarheit für Mediatoren zu schaffen. Sie definieren die Supervision als

eine Selbstreflexion erlebter Situationen und erlebten Verhaltens der eigenen Berufstätigkeit als Mediator mit dem Ziel einer Verbesserung, einer Neuorientierung.

Diese Fallreflexion kann laut Fritz und Krabbe in einem Zweiersetting aus Mediator und Ausbilder stattfinden. Besser sei es freilich, wenn die Supervision als Gruppensupervision durchgeführt werde, weil dies einen wesentlich weiteren Ideenraum eröffne. Eine solche Gruppensupervision sei auch im Rahmen einer Ausbildung zum zertifizierten Mediator möglich. Der von der ZMediatAusbV verwendete Begriff Einzelsupervision bedeute nämlich nicht, dass der Mediator und sein Ausbilder die Supervision nur zu zweit durchführen dürften. Gemeint sei vielmehr, dass jeder Teilnehmer seinen eigenen Fall mitbringt und in der Supervision reflektiert. Dass jeder Ausbildungsteilnehmer einen eigenen Fall reflektieren kann, hatte seinerzeit auch die BMJV-Referentin Constanze Eicher (ZKM 2016, 160, 161) als Ziel formuliert. Dies sah sie allerdings wohl nur in einem Zweiersupervisionssetting ausreichend gewährleistet. Auch die PsychTh-APrV versteht unter einer Einzelsupervision ein reines Zweiersetting.

Mediationsanaloger Ablauf der Supervision

Zum Ablauf einer Supervision schlagen Fritz und Krabbe eine Orientierung an den Phasen der Mediation vor (sog. mediationsanaloge Supervision). Dazu gehören folgende fünf Schritte:

  1. Vorstellung der Methode der Supervision
  2. Erläuterung eines Falls und der dadurch aufgeworfenen Fragen
  3. Sammlung und Priorisierung von Hypothesen der Gruppenteilnehmer zum erläuterten Fall
  4. Entwicklung und Bewertung von Ideen und Handlungsoptionen für den Mediator
  5. Vereinbarung des weiteren Vorgehens

Sind mehrere Fälle Gegenstand der Supervision, werden die Schritte 2 bis 5 entsprechend wiederholt. Obwohl die ZMediatAusbV von einer Einzelsupervision „im Anschluss an eine … durchgeführte Mediation“ spricht, soll Fritz und Krabbe zufolge auch ein noch laufender Mediationsfall genügen. Grund dafür sei die Tatsache, dass eine unmittelbar nach ihrem Beginn abgebrochene Mediation unzweifelhaft Gegenstand der Supervision sein könne. Dann müsse aber jegliche Rumpfmediation unabhängig von ihrer Beendigung supervidierbar sein. Mit dem Wortlaut der ZMediatAusbV erscheint dieses Verständnis freilich schwer vereinbar.

Dauer der Supervision und Kommunikationsmedium

Schließlich gehen Fritz und Krabbe noch auf den Rahmen einer Einzelsupervision für Mediatoren ein. Die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung macht insoweit keine Vorgaben. Fritz und Krabbe verweisen auf die vielfältigen Formen moderner Kommunikationsmedien wie Bild- oder Sprachtelefon, Chat und E-Mail. Im Grundsatz könne man all diese Möglichkeiten der Fernkommunikation für eine Supervision einsetzen. Ein face-to-face-Gespräch werde zwar in vielen Fällen eine gründlichere Reflektion ermöglichen, in Zeiten von Skype und Facetime sei allerdings auch das fernkommunikativ machbar. Damit bleibt die Hürde für eine verordnungskonforme Einzelsupervision letztlich niedrig: Schon ein zehnminütiges Telefonat mit dem Supervisor wird im Zweifel die Voraussetzungen der ZMediatAusbV erfüllen.

Dürfen Rechtsanwalt und Mediator kooperieren oder sich in einer Bürogemeinschaft zusammentun? Auf den ersten Blick spricht wenig dagegen. Schließlich sind viele Rechtsanwälte selbst Mediatoren, die Berufe liegen also nah zusammen. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Mediation eine anwaltliche Tätigkeit. Juristisch ist die Zusammenarbeit von Rechtsanwalt und Mediator allerdings nicht unproblematisch. Der Anwaltsgerichtshof Celle hat in einer aktuellen Entscheidung eine strenge Trennung beider Professionen angemahnt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und wird daher intensiv diskutiert.

§ 59a BRAO: Rechtsanwälte sollen das Recht pflegen

Hintergrund der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle ist § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO. Darin heißt es:

Rechtsanwälte dürfen sich mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden.

Der Sinn dieser Vorschrift: Rechtsanwälte sollen als Organe der Rechtspflege vorrangig dem Recht zur Durchsetzung verhelfen. Sie sollen nicht durch berufliche Verbindungen mit unähnlichen Berufen dazu verleitet werden, andere und vor allem rein wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Die aus dem Jahr 1994 stammende Vorschrift war in letzter Zeit durchaus Gegenstand von Diskussionen, hat sich aber bis heute gehalten. In einer viel beachteten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Norm freilich vor kurzem eingeschränkt. Mit Beschluss vom 12. Januar 2016 (Az. 1 BvL 6/13, Volltext) stellte es fest, dass eine Zusammenarbeit von Anwälten mit Ärzten und Apothekern in bestimmten Fällen möglich sein muss.

Anwaltsgerichtshof Celle: Entscheidend ist die Pflicht zur Verschwiegenheit

Im nunmehr vom Anwaltsgerichtshof Celle entschiedenen Fall (Urteil vom 22. Mai 2017, Az. AGH 16/16, Volltext) ging es um die gemeinschaftliche Berufsausübung eines Anwalts mit einem Mediator. Der Mediator war früher selbst Anwalt gewesen, hatte seine Zulassung aber zurückgegeben und wollte nunmehr nur noch als Mediator tätig sein. Zunächst wollten Rechtsanwalt und Mediator als Partner zusammenarbeiten, später beschränkten sie sich auf eine schlichte Kooperation in Form einer Bürogemeinschaft. Allerdings: Die örtliche Rechtsanwaltskammer hielt beides für unzulässig. Und der Anwaltsgerichtshof Celle gab ihr Recht. Der entscheidende Punkt: Wer mit einem Anwalt beruflich zusammen arbeite, müsse einem Beruf angehören, für den eine scharfe gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gilt. Ärzten und Apothekern etwa sei die Verletzung eines beruflich erlangten Privatgeheimnisses unter Strafe verboten (§ 203 StGB). In einem Strafprozess dürften sie gemäß § 53 StPO das Zeugnis über solche sensiblen Informationen verweigern. Für Mediatoren gilt zwar gemäß § 4 MediationsG auch eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht, diese ist aber nicht strafrechtlich und strafprozessual abgesichert. Insofern sind Mandanteninformationen dem AGH Celle zufolge bei Mediatoren weniger sicher als bei einem Anwalt. Das rechtfertige ein Verbot der gemeinschaftlichen Berufsausübung – und sei es auch nur in einer bloßen Bürogemeinschaft.

Rechtsanwalt und Mediator: Wie viel Zusammenarbeit ist zulässig?

Die Entscheidung des AGH Celle ist mit Blick auf ihre juristische Argumentation durchaus nachvollziehbar. Gleichzeitig steht sie in einem gewissen Gegensatz zu einem aktuellen Trend, das Recht der beruflichen Zusammenarbeit zu liberalisieren. Soeben erst hat der Bundestag in erster Lesung einen Gesetzentwurf zum sog. non-legal outsourcing passieren lassen und damit Anwälten die Zusammenarbeit mit nichtanwaltlichen Dienstleistern erleichtert. Bis auf Weiteres gilt dennoch, dass jedwede berufliche Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und Mediator heikel ist. Insbesondere ist es auch nicht zulässig, dass sich ein Anwalt außerhalb seiner Anwaltskanzlei mit einem Mediator zusammenschließt. Denn ein Anwalt kann aus Sicht des Rechts seine Robe nie abstreifen. Das AG Lübeck (Urteil vom 29. September 2006, Az. 24 C 1853/06, Volltext) formuliert plastisch:

Wird die Mediation durch einen Anwalt angeboten, dann ist sie eine anwaltliche Dienstleistung…

Erlaubt bleiben danach allenfalls lose Kooperationsformen ohne Bürogemeinschaft, etwa in Form von Netzwerken. Wer als Anwalt eine nähere Bindung wagt, riskiert eine Rüge der örtlichen Anwaltskammer. Allerdings bleibt das Thema in Bewegung: Die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle ist noch nicht rechtskräftig und könnte vom Bundesgerichtshof noch gekippt werden. Und selbst wenn es dazu nicht kommt: Der Gesetzgeber hat das anwaltliche Berufsrecht in den vergangenen Jahren immer weiter liberalisiert. Das Gesetz zum non-legal outsourcing dürfte nicht die letzte Deregulierung des beruflichen Zusammenarbeit von Rechtsanwälten gewesen sein.

Update Januar 2018: Der Anwaltssenat des BGH hat die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Celle mit Urteil vom 29. Januar 2018 bestätigt (Az. AnwZ (Brfg) 32/17).

Ende Juli 2017 ist der Band „Negotiating Brexit“ im Verlag C. H. Beck erschienen. Herausgeber sind John Armour und Horst Eidenmüller; unter den Autoren finden sich u.a. Clemens Fuest, Johannes Adolff und Wolf-Georg Ringe. Das Buch richtet sich vornehmlich an Praktiker und politische Entscheidungsträger, die sich mit den rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen des Brexit auseinandersetzen. Es beleuchtet aus der Perspektive verschiedener Disziplinen, unter welchen Rahmenbedingungen die Brexit-Verhandlungen stattfinden und wie sie zum beiderseitigen Erfolg führen können (Win-Win Brexit). Das Buch ist u.a. bei Amazon zum Preis von 25 € erhältlich.

Nach jahrelangen Vorbereitungen hat die UN-Kommission für internationales Handelsrecht (UNCITRAL) nunmehr ein Arbeitsergebnis für die Online-Streitbeilegung vorgelegt. Lange hatte die Kommission über die Veröffentlichung konkreter Verfahrensregeln nachgedacht. Jetzt beschränkt sie sich aber doch auf eine Reihe von bloßen Empfehlungen.

Online-Streitbeilegung gewinnt an Bedeutung

Die Online-Streitbeilegung hat in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Pioniere im Bereich der Online-Streitbeilegung waren schon vor 20 Jahren die US-amerikanischen Unternehmen eBay und PayPal. Deren Kunden konnten bei Problemen mit der Vertragsabwicklung einen so genannten „Fall“ eröffnen. Daraufhin wurde ein Gremium aus erfahrenen Plattformnutzern eingeschaltet, das einen Lösungsvorschlag abstimmte. Inzwischen wurde die dem Streitbeilegungsmechanismus zugrunde liegende Technologie in das externe Unternehmen Modria ausgegliedert. Sie war Vorbild für die im Jahr 2013 ergangene EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (sog. ODR-Verordnung). Mit dieser Verordnung legte die EU die Grundlage für eine Online-Streitbeilegungs-Plattform, die seit Anfang 2016 in Betrieb ist.

UNCITRAL bisher vor allem im Schiedsverfahrensrecht ausgewiesen

Die UNCITRAL hatte ihrerseits bereits vor mehreren Jahren eine Arbeitsgruppe geschaffen, die Regelungsvorschläge zur Online-Streitbeilegung erarbeiten sollte. Bisher war die UNCITRAL vor allem im Bereich des Schiedsverfahrensrechts tätig – so etwa mit der so genannten New York Convention aus dem Jahr 1958, dem Modellgesetz zur internationalen Handelsschiedsbarkeit von 1985/2006 sowie den 2013 verabschiedeten Transparenzregeln für Investitionsschiedsverfahren. Nunmehr richtet die Kommission ihr Augenmerk auch auf andere Verfahrensformen. Dabei konzentriert sie sich im Unterschied zur ODR-Verordnung der Europäischen Union nicht nur auf Verbraucherkonflikte, sondern nimmt auch andere geringwertige Streitigkeiten in den Blick.

UNCITRAL-Empfehlungen mit einem Eskalationsmechanismus

Die nun veröffentlichten Empfehlungen zur Online-Streitbeilegung setzen bewusst eine niedrige Schwelle. In einem ersten Schritt sollen die Streitparteien eine Verhandlungslösung anstreben. In einem zweiten Schritt kann eine neutrale Instanz einen Schlichtungsvorschlag äußern. Erst in einem dritten Schritt kann ein Online-Schiedsrichter hinzugezogen werden, der den Streit verbindlich entscheidet. Dieser Eskalationsmechanismus sucht eine frühe Polarisierung des Konflikts zu vermeiden, bemüht sich aber gleichzeitig um einen verbindlichen Abschluss des Verfahrens. Insbesondere für EU-Staaten dürften die UNCITRAL-Empfehlungen bis auf Weiteres eine überschaubare Bedeutung haben, weil es erhebliche Überschneidungen mit den EU-Rechtsakten zur Verbraucherstreitbeilegung gibt. Als weltweiter Referenzrahmen für die Online-Streitbeilegung könnten die Empfehlungen mittelfristig allerdings durchaus eine erhebliche Wirkung entfalten.

Die Empfehlungen zur Online-Streitbeilegung sind auf den Seiten der UNCITRAL als pdf frei abrufbar.

Auch nach der Einführung des zertifizierten Mediators wird es weiter den nicht-zertifizierten, einfachen Mediator geben. Was ist der Unterschied zwischen einfachem und zertifiziertem Mediator? Welche Voraussetzungen muss eine Ausbildung zum Mediator bzw. eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator erfüllen?

Ausbildung zum Mediator: Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 MediationsG

Die einfache Ausbildung zum Mediator ist in § 5 Abs. 1 MediationsG geregelt. Darin heißt es:

Der Mediator stellt in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicher, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können. Eine geeignete Ausbildung soll insbesondere vermitteln:

1. Kenntnisse über Grundlagen der Mediation sowie deren Ablauf und Rahmenbedingungen,
2. Verhandlungs- und Kommunikationstechniken,
3. Konfliktkompetenz,
4. Kenntnisse über das Recht der Mediation sowie über die Rolle des Rechts in der Mediation sowie
5. praktische Übungen, Rollenspiele und Supervision.

Konkrete Vorgaben zu Ausbildungsinhalten und zur Ausbildungsdauer macht § 5 Abs. 1 MediationsG nicht. Die Aufzählung von Ausbildungsinhalten ist nach ihrem klaren Wortlaut eine unverbindliche Soll-Regelung. Jeder Mediator muss also in eigener Verantwortung entscheiden, ob er einen zweitägigen Schnellkurs Mediation, eine längere Ausbildung oder gar ein Mediationsstudium für erforderlich hält.

Keine Sonderregelung für Rechtsanwälte

Für Rechtsanwälte galt bis vor wenigen Jahren eine Spezialregelung in § 7a ihrer Berufsordnung (BORA). Auch hier waren zwar keine konkreten Vorgaben gemacht, allerdings verstanden die Rechtsanwaltskammern die Vorschrift regelmäßig so, dass eine Mediationsausbildung für Rechtsanwälte mindestens 90 Stunden umfassen müsse. Seit dem Jahr 2013 enthält § 7a BORA freilich nur noch einen schlichten Verweis auf § 5 Abs. 1 MediationsG. Damit gelten für eine Mediationsausbildung für Rechtsanwälte keine Sonderregeln mehr.

Ausbildung zum zertifizierten Mediator: Voraussetzungen nach ZMediatAusbV

Während die Voraussetzungen für eine einfache Ausbildung zum Mediator gesetzlich nicht näher konkretisiert wurden, sind die Vorgaben für eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator nunmehr umso detaillierter geregelt. Wer sich künftig als zertifizierter Mediator bezeichnen möchte, muss unter anderem eine Ausbildung im Umfang von mindestens 120 Präsenzzeitstunden absolviert haben (Näheres auf unserer Informationsseite zum zertifizierten Mediator). Eine einfache Ausbildung zum Mediator kann dabei auch nachträglich zu einer Ausbildung zum zertifizierten Mediator aufgestockt werden, solange dem ein einheitliches Ausbildungskonzept zugrunde liegt. Inwieweit die Zertifizierung zu einer besseren Marktposition als Mediator führen wird, bleibt einstweilen abzuwarten. Der Gesetzgeber hat die Zertifizierung zwar als Gütesiegel konzipiert, es ist aber gleichwohl denkbar, dass Mediationsmandate auch weiterhin eher über persönliche Empfehlungen zustande kommen.